Lieferdatum +7

Amazon behält Einnahmen aus Verkäufen künftig länger ein (Update)

Veröffentlicht: 09.08.2023 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 10.08.2023
Smartphone mit Amazon Seller App

Wer auf Amazon verkauft, muss sich mit oft mit einer Reihe an Änderungen abfinden. Die jüngste Maßnahme trifft dabei auf deutlichen Unmut. So informierte das Unternehmen seine deutschen Händler:innen vor wenigen Tagen über eine neue Basisrichtlinie für Rücklagen. Laut dieser werden Auszahlungen künftig erst sieben Tage nach Lieferdatum, statt wie zuvor nach Versanddatum, getätigt. Die so einbehaltenen Rücklagen sollen sicherstellen, dass Händler:innen finanziellen Verpflichtungen, beispielsweise aus Rücksendungen, direkt nachkommen können.

Das bedeutet die Basisrichtlinie „Rücklagen nach Lieferdatum“

Wie aus einer Unternehmensmail hervorgeht, gilt die sogenannte Richtlinie „Rücklagen nach Lieferdatum“ bereits seit 2016 als internationaler Standard. Konten, die entweder gar keinen Rücklagenvorbehalt hatten oder deren Rücklagen bisher auf Basis der Versandbestätigung festgesetzt wurden, werden nun lediglich an diese angeglichen. Etwas unklar ist noch, welche Konten wann genau umgestellt werden. So berichten in den Amazon Seller Forums einige Händler:innen von E-Mails, die den 3. August nennen, andere wurden über eine Umstellung zum 6. September informiert.

Gemäß der Änderung stehen Auszahlungsbeträge nunmehr erst sieben Tage nach Lieferdatum zur Verfügung. Wer die durch Amazon integrierten Versanddienstleister nutzt, bei dem wird dafür das direkt durch diese mitgeteilte Lieferdatum als Grundlage genutzt. In Fällen, wo der Versand durch ein anderes Versandunternehmen gehandhabt wird und es keine Sendungsverfolgung gibt, gilt das späteste voraussichtliche Zustelldatum als Basis.

Im Einzelfall kann es somit dazu kommen, dass Auszahlungen erst knapp zwei Wochen nach Verkauf abgebucht werden können. So beschreibt Amazon selbst an einem Beispiel: „Wenn Sie beispielsweise einen Artikel am 1. Januar versenden und das Lieferdatum der 4. Januar ist, steht das Guthaben ab dem 12. Januar zur Auszahlung zur Verfügung.“

 

Händler:innen verärgert

Nicht für alle auf dem Marktplatz tätigen Unternehmen bedeutet das Thema Rücklagenbildung eine Umstellung. Unter jenen, die davon bisher verschont waren und sich ihre Einnahmen direkt auszahlen lassen konnten, macht sich seit der Ankündigung Unmut breit. 

Einen Anlass dazu bietet etwa die Begründung zur Umstellung: So heißt es, dass durch die Rücklagen sichergestellt werden soll, dass eventuellen Forderungen stets schnell nachgekommen werden kann. Hierbei fühlen sich jedoch Händler:innen mit wenigen bis gar keinen Rücksendungen deutlich benachteiligt.

Hinzu kommt, dass eine Auszahlung basierend auf dem Lieferdatum auch bedeutet, dass Faktoren wie verspätete Zustellungen oder eine flexible Abholung an der Packstation künftig deutliche Auswirkungen auf den Cashflow haben können. 

Verdient Amazon am verwalteten Geld Zinsen?

Eine Frage, die zudem möglicherweise durch die zuständige Finanzaufsichtsbehörde zu klären ist, ist, ob Amazon durch den längerfristigen Einbehalt und die Verwaltung der Verkaufseinnahmen nicht auf gewisse Weise wie eine Bank agiert  – und das ganz ohne Banklizenz. So mutmaßen einige der Diskussionsteilnehmer in den Seller Forums gar, dass das Unternehmen die durchaus hohen Summen zu guten Zinssätzen anlegt und somit massive Mehreinnahmen generiert.

Das sagt Amazon zur Umstellung

Auf Anfrage von OnlinehändlerNews bestätigte eine Unternehmenssprecherin, dass es sich bei dem Schritt lediglich um eine Angleichung der Verkaufskonten handele. Seit August 2016 wäre die Basisrichtlinie „Rücklagen nach Lieferdatum“ bereits für alle neuen Verkaufspartner:innen aktiv, nun sollen die Vorgaben einheitlich auf alle Konten angewendet werden.

Hinsichtlich der Übergangsphase erklärte Amazon: „Wir sind uns bewusst, dass dies zu einer einmaligen Beeinträchtigung des Cashflows führen kann. Deshalb haben wir die betroffenen Verkaufspartner drei Monate im Voraus informiert, um sie auf diese Änderung vorzubereiten.“

Die Vorabinformation seien im Mai sowie zu weiteren Gelegenheiten im Juni und Juli erfolgt, wie es aus Unternehmenskreisen heißt. In welcher Form die Ankündigungen erfolgten, ist nicht näher bekannt. Die Händler:innen im Forenbeitrag schienen eigenen Angaben zufolge hingegen von der Umstellung überwiegend überrascht worden zu sein.

Update vom 10.08.2023

In einer vorherigen Fassung des Artikels warfen wir auch die Frage nach einer potenziellen Zuständigkeit der BaFin als Aufsichtsbehörde für Finanzdienstleistungen auf. Ein Sprecher von Amazon hat uns mittlerweile mitgeteilt, dass die Finanzverwaltung durch die luxemburgische Amazon Payments Europe betreut wird, womit gegebenenfalls die Commission de Surveillance du Secteur Fiancier (CSSF) zuständig wäre.

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Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

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Kommentare  

#22 Roswitha 2023-09-20 19:28
Hallo in die Runde….
Schon wieder beschließt Amazon etwas gegen die Händler….die haben ja auch genug.

Kennt einer hier ein Portal, zu dem man welchseln kann.

Hood und EBay scheiden da ja wohl eher aus.

Freue mich auch Infos

Danke
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#21 Jens 2023-09-20 10:50
@die Redaktion
Bezüglich eurer Antwort an Markus:

Ich denke, es sollte mal überlegt werden, ob eine Prüfung seitens des Kartellamtes beantragt (?? keine Ahnung wie man da vorgeht) werden kann. Schließlich nutzt Amazon seine marktbeherrsche nde Stellung schamlos aus.
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#20 markus 2023-09-19 10:15
Wofür hgaben wir denn den Händlerbund? Wurde gegen Amazon schon Klage eingereicht? Der Händlerbund kann doch mal eine gezielte Aktion auf die Beine stellen und alle organisierten Händler dazu begeistern wirklich die Werbebugets für ein paar Monate einzustellen. Wenn wir da Alle mitmachen, dann werden die schon einlenken. Die Werbebudgets sind so oder so eine kriminelle Sache. Das ist ja eigentlich nichts anderes ale Wegelagerei.


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Antwort der Redaktion

Lieber Markus,

wir verstehen natürlich, dass viele Händlerinnen und Händler über die Neuerung bei Amazon erbost sind. Jedoch handelt das Unternehmen dabei durchaus gesetzeskonform , weswegen es keine Grundlage für eine Klage gäbe.

Am Ende müssen Handelsunterneh men in Anbetracht der Regeln eines Marktplatzes für sich entscheiden, ob sie auf diesem handeln möchten oder nicht.

Beste Grüße
die Redaktion
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#19 nelly 2023-08-18 12:53
Laut amazon-Mitteilu ng vom 17.8. als Antwort auf meine Beschwerde, wurde mit mitgeteilt, dass mit der Auszahlung meiner Umsätze erst am 31.8.23 begonnen wird. Das ist ein krasser Wiederspruch zu eigenen amazon Aussagen "Versanddatum + 7 Tage" Wir versenden entweder sofort nach Bestelleingang am gleichen Werktag oder spätestens am nächsten. Seit 2.8. werden täglich unsere gesamten Umsätze von amazon beschlagnahmt.

amazon müsste mal erklären, welches Transportuntern ehmen rund 4 Wochen bis zur Zustellung benötigt. Wir versenden mit DHL, die in der Regel am nächsten Werktag zustellen.

Ich habe jetzt begonnen, meine über 10.000 eingestellten Artikel bei amazon abzubauen, viele andere Händler haben sich bereits ganz verabschiedet.
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#18 Wolfgang 2023-08-17 16:45
Also dass Händler NICHT informiert wurden und überrascht worden seien ... die Mails von Amazon sind rausgegangen, ich habe sie am 4.5., 6.6. und 3.7. erhalten. Haben alle Händler die Mails gelesen? Sicher nicht. Ist Amazon daran Schuld? Auch eher nicht...
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#17 Jürgen 2023-08-17 12:30
Schlimmer noch ist, dass wir seit der Umstellung nahezu gleichbleibend 1/5 des vorherigen Umsatzes machen.
Noch ein paar Wochen so und wir werden den amazon-account schließen müssen
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#16 Seller 2023-08-16 15:19
Man macht einen guten Umsatz und hat keinen Zugriff auf das eigene Geld um seine Rechnungen zu zahlen.
Das ist echt nicht zu fassen, was für ein Ausmaß dieses Machtmonopol erreicht hat.

Echt eine Frechheit... Das darf man nicht mehr dulden...
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#15 RS-Versand 2023-08-15 21:11
Im Prinzip ist es Diebstahl. Wenn ich nicht plane auf Amazon nicht mehr zu verkaufen, wird mir Dauerhaft der Umsatz einer Woche gestohlen. Die Begründung für die Maßnahmen sind fadescheinig. Niemals in über 20 Jahren Handel auf Amazon, hat Amazon einem Kunden nicht eine Erstattung auszahlen können. Hier bedarf es Hilfe durch die EU-Kommission. Deutsche Gesetzgebung ist da eher ein hilfloses Kind.
Schande Amazon!
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#14 Vera 2023-08-15 15:07
Durch die verzögerte Auszahlung kommt es zu einer Verschleierung welche Rechnungen nun ausgezahlt wurden.
Die Netto Erträge, die auf das Firmenkonto von amazon überwiesen werden stimmen jetzt nicht mehr mit der tatsächlichen Auszahlung überein (was vorher der Fall war). Man konnte die Summe der Auszahlung ermitteln und auch die Amazon Gebühren, was beim Verbuchen der Rechnungen in der Buchführung gebraucht wurde und bisher ohne Probleme geklappt hat. Aktuell steht bei allen Rechnungen Bezahlung der Bestellung, was aber nicht der Fall ist, da ja hier noch die Rücklage auf Kontoebene erscheint. Da kann man noch so suchen, beim Verbuchen der Rechnungen kann nicht festgestellt werden um welche Rechnungen es sich bei dem Auszahlungsbetr ag handelt.
Wenn z.B. ein Kunde aus Österreich auf amazon.de bestellt hat, muss man diese Rechnung anders verbuchen als die Bestellungen vom Deutschen Markt. In der Vielzahl der aufkommenden Rechnungen kann man das nun nicht feststellten und stochert im Nebel. Eine korrekte Buchführung ist so nicht möglich. Das ist für die Buchhaltung eine Katastrophe. Wenn hier jemand eine Lösung des Problems hat, bitte melden.
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#13 MEHMET 2023-08-15 12:47
unglaublich was sich da Amazon wieder erlaubt.
6-stellige zahlen werden einbehalten.
und die verantwortliche n schauen wieder zu.
So gehen wir alle pleite.
Amazon behält Einnahmen aus Verkäufen künftig länger ein
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