Kolumne: Fyndiq und die umgedrehte Expansion

Veröffentlicht: 15.04.2016 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 15.04.2016

Plötzlich: Rückzug. Der schwedische Marktplatz Fyndiq, der in diesem Monat das Endkunden-Marketing aufnehmen und sich damit richtig im deutschen Markt etablieren wollte, hat überraschend seine Pläne geändert. Die Expansion nach Deutschland wird gestoppt, stattdessen will man sich auf den schwedischen Heimatmarkt konzentrieren, den deutschen Händlern aber als kleinen Kompromiss die Expansion in den schwedischen Markt ermöglichen. Eine umgedrehte Expansion also: Anstatt den schwedischen Marktplatz nach Deutschland zu bringen, bringt der schwedische Marktplatz die deutschen Händler nach Schweden.

Keine leichte Entscheidung. Und auch keine Entscheidung, die sich leicht nachvollziehen lässt.

Großes Potenzial, verhaltener Start

Aber zunächst ein Blick zurück: Fyndiq war im Juni 2015 in Deutschland gestartet. Das Unternehmen hat es sich auf die Fahne geschrieben, „ein stressfreier Marktplätz für Online-Händler und ein Einkaufsparadies für Schnäppchenjäger“ zu sein. Von den Konditionen her wirkte der Marktplatz überzeugend: Keine Gebühren, lediglich eine Provision von fünf Prozent für alle Artikel, dem Händler wird viel Arbeit abgenommen. Doch der Start war verhalten. Fyndiq bot lediglich drei Schnittstellen zum Anfang in Deutschland an – in Anbetracht der weit größeren Zahl von Shopsystemen hierzulande eine zu geringe Zahl. Im Januar dieses Jahres gab es zusätzlich Integrationen zu Magento, Gambio, Prestashop und WooCommerce – Shopware und Plentymarkets sollten bald hinzukommen.

Ab Mai wollte Fyndiq den Händlern sechs Monate kostenfreien Handel auf dem Marktplatz ermöglichen und gleichzeitig sein Marketing an die Kunden aufnehmen – denn ein Marktplatz kann keinen Erfolg haben, wenn ihn niemand kennt. Doch dazu kommt es gar nicht mehr. Vergangenen Dienstag erklärte das Unternehmen überraschend, dass es die Expansion nach Deutschland auf unbestimmte Zeit einstelle und sich stattdessen auf den schwedischen Heimatmarkt konzentrieren wolle. Schade, denn mit den Konditionen hätte Fyndiq das Potenzial gehabt, sich hierzulande als attraktive Alternative zu Amazon und Ebay zu etablieren.

Zu schade...

Was aber war verantwortlich für das Scheitern bevor es richtig los ging? Darüber kann man nur spekulieren. Der verhaltene Start mit wenigen Schnittstellen wird ein Faktor gewesen sein. Es kann aber auch sein, dass Fyndiq sich ein wenig verschätzt hat, was den deutschen Markt angeht. In Schweden ist der Marktplatz bereits an Ebay vorbeigezogen, doch der deutsche Markt ist grundsätzlich anders als der schwedische, die Konkurrenz viel größer und der Markt gesättigter. Das Modell einfach 1-zu-1 nach Deutschland zu bringen, war zweifellos schwieriger als erwartet. Vielleicht haben die bisherigen Händlerzahlen die Geschäftsführung in Schweden auch nicht überzeugt. Wie gesagt, man kann nur spekulieren.

Dass Fyndiq nun aber derart kurz vor der Angst dem Markt urplötzlich den Rücken kehrt, wird einen erneuten Markteinstieg in „unbestimmter Zeit“ jedenfalls erschweren. Die Händler, die bereits Arbeit und Zeit in den Marktplatz gesteckt haben, stößt der plötzlich Rückzug vor den Kopf. Auch die kaum vorhandene Begründung wird das Vertrauen in das Unternehmen erschüttert haben – und jeder weiß, wie schwierig es ist, Vertrauen im Online-Handel zurückzugewinnen. Und ob der angebotene Kompromiss, nun den Handel nach Schweden zu erleichtern, die Händler überzeugen kann, ist zweifelhaft.

Bleibt zu hoffen, dass Fyndiq – sollte es doch nochmal zur Expansion nach Deutschland kommen – das Vertrauen wieder aufbauen kann. Denn Potenzial hätte der Marktplatz gehabt. Zu schade...

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