Kolumne: Instagram vs. Snapchat - ein Kampf ohne Sieger

Veröffentlicht: 05.08.2016 | Geschrieben von: Christian Laude Test | Letzte Aktualisierung: 05.08.2016

Als Instagram seine neue Funktion „Stories“ vor einigen Tagen gestartet hat, schlugen die Wellen hoch. Jeder Berichterstatter rückte dabei – verständlicherweise – die Tatsache in den Vordergrund, dass die Stories nahezu exakt von Snapchat übernommen wurden. So können nun also auch Instagram-Nutzer kurze Videos beziehungsweise Bilder erstellen, die nach 24 Stunden automatisch wieder entfernt werden.

Instagram-Chef Kevin Systrom ging nach der Vorstellung auch direkt in die volle Offensive und meinte, dass Snapchat das komplette Lob gebühre. Eine Kopie wurde also zu keinem Zeitpunkt abgestritten. Ein ziemlich ungewöhnliches Vorgehen – wird doch sonst bei offensichtlichen Übernahmen von Funktionen der Name der Konkurrenz bestmöglich vermieden. Aber bei dem derzeitigen Erfolg von Snapchat und der mehr als erkennbaren Imitation der vergänglichen Inhalte blieb Systrom wohl auch nichts anderes übrig, als in der Form zu handeln.

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Natürlich existieren diesbezüglich aber auch Differenzen zwischen den beiden Plattformen. Der bedeutendste Unterschied, auf den auch Business Insider hinweist, besteht in der grundsätzlichen Ausrichtung der Social-Media-Plattformen: Wenn ein User seine Snapchat-App öffnet, wird direkt die Kamera gestartet, sodass der Nutzer fast schon gezwungen wird, einen Snap zu erstellen. Bei Instagram dagegen steht eher im Vordergrund, die Inhalte seiner Abonnenten zu konsumieren. Der Button für die Erstellung eines vergänglichen Beitrags befindet sich bei Instagram fast schon versteckt in Form eines „+“ links oben in der Ecke.

Was auf den ersten Blick möglicherweise recht bedeutungslos wirken könnte, ist in Wahrheit weitaus weitreichender, denn heruntergebrochen bedeutet das, dass Snapchat in gewisser Weise als aktive und Instagram als passive Plattform bezeichnet werden kann – zumindest hinsichtlich der vergänglichen Aufnahmen. Instagram strebt wohl damit an, seine eigentliche Ausrichtung als Bilderplattform, die Momente für die Ewigkeit festhält, nicht zu verlieren. Snapchat wiederum hat genau diese Funktion ebenfalls eingeführt. Bei „Memories“ können besondere Aufnahmen auch festgehalten werden, ohne dass diese nach den 24 Stunden für immer und ewig wieder verschwinden. Streng genommen könnte auch hier die Behauptung aufgestellt werden, dass Snapchat bei Instagram geklaut hat, aber das würde dann doch etwas zu weit führen.

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Die Handlungen, die nach dem Öffnen der jeweiligen App ausgelöst werden sollen, sind also grundlegend verschieden. Dies könnte sich auch auf das Marketing-Potenzial der beiden Plattformen auswirken. Bei Instagram befinden sich bereits jetzt gesponserte Anzeigen zwischen den Bildern der abonnierten Personen, über die der User also zwangsläufig früher oder später stolpert. Ob er diese letztendlich auch wirklich bewusst betrachtet beziehungsweise sogar darauf klickt, ist eine andere Frage. Sie wirken jedoch gut in das Medium integriert, sodass sich nicht direkt Unmut breitmacht, sobald eine neue Werbeanzeige auftaucht. Wie auch bei den Stories wird der User hier nicht aktiv dazu aufgefordert, in jeglicher Form zu handeln. Auch hier steht also Passivität im Vordergrund.

Bei Snapchat hingegen schwebt weiterhin ein dickes Fragezeichen im Raum, was den Bereich Marketing angeht. Immer wieder tauchen Berichte darüber auf, wie das Unternehmen den Markt revolutionieren will. Da ist die Rede von Snap-Ads, Werbe-API und Snapchat-Partnern, aber aus eigener Erfahrung lässt sich feststellen, dass man, zumindest im deutschsprachigen Raum, kaum mit Werbung bei Snapchat in Berührung kommt. Doch insbesondere ein vor Kurzem eingereichtes Patent könnte dafür sorgen, dass hier zukünftig mehr passiert. Die entsprechende Technologie soll die Möglichkeit bieten, Objekte in einem Bild zu erkennen und dazu passende Filter aufzuspielen. Auch Werbung könnte dadurch passend geschaltet werden – ähnlich wie bei den AdWords von Google, nur eben in visueller Form. Auch hier wird der Nutzer im Vergleich zu Instagram viel mehr eingebunden und greift fast schon aktiv in das Geschehen ein.

Natürlich hat Instagram bei seinem Konkurrenten Snapchat geklaut, wodurch sich die Funktionsweisen der beiden Plattformen noch mehr ähneln, als es bereits vorher der Fall war. Die grundlegende Ausrichtung jedoch, wie der User dies jeweils nutzen soll, unterscheidet sich immens. Dies wird auch bei den Marketing-Möglichkeiten deutlich. Durch diese Unterscheidung wird es am Ende wohl keinen eindeutigen Sieger, sondern eher ein verdientes Unentschieden geben.

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