Kolumne: Immer Ärger mit Kundenbewertungen

Veröffentlicht: 31.07.2017 | Geschrieben von: Ivan Bremers | Letzte Aktualisierung: 13.10.2017

Unabhängige und transparente Bewertungen können wichtige Kaufhilfen bieten und gleichzeitig das Vertrauen potenzieller Neukunden gewinnen. Dies wird immer gern als Argument für die Notwendigkeit von Kundenbewertungen angeführt. Das Wort “fair” findet sich dabei leider nicht. Eine Studie mit 1.013 Online-Händler hat nämlich ergeben, dass 95 Prozent mit unfairen Kundenbewertungen zu kämpfen haben. Als unfair verstanden werden dabei unwahre, unsachliche und teils beleidigende Aussagen. Eine besorgniserregende hohe Zahl, wie ich finde.

Sinn und Zweck verfehlt

Viele Kunden scheinen den Sinn und Zweck von Bewertungen nicht richtig verstanden zu haben. Bloß weil der Paketdienst leider gerade zur Schlafenszeit des Kindes klingelt, muss eine Bewertung nicht zwangsläufig “schlechter Versand und Service, unmöglicher Verkäufer und Ware ok” und “2 Sterne” lauten. Es soll ja auch helfen, sich den ganzen Artikeltext und Handhabung zur Ware durchzulesen. Ich persönlich lese Kundenbewertungen vor einem Kauf, da ich sie als wirkliche Kaufentscheidung nutze. Und gefühlt sind bei zehn Bewertungen ganze zwei tatsächliche Rezensionen zum Artikel und damit hilfreich, der Rest Frustbewältigung wegen nicht erfüllter Vorstellungen. Schade eigentlich. Der Händler kann einem bei manchen Aussagen leid tun, denn ein Löschungsanspruch besteht nur bei tatsächlich falschen Tatsachenbehauptungen. Hingegen können sogar positive Bewertung unter Umständen Eigenwerbung sein und den Händler in die Bredouille bringen. Gedanken und Meinungen der Kunden sind in der Regel frei, denn die Meinungsfreiheit wird in hohem Maße geschützt. Daher darf der Händler die Bewertung auch nicht umschreiben. Nur Betreiber von Bewertungsportalen sind zumindest in der Prüfpflicht.

Fair bleiben, bitte!

Bewertungen sind für mich ein Muss.  Am Besten sollte so oft es geht auch der Verkäufer bewertet werden. Dies vermittelt ja auch in der Tat Vertrauen und Sicherheit in den Händler und in den Kauf der Ware. Es kann aber nicht angehen, dass 72 Prozent der unfairen Bewertungen auf erfundenen Tatsachen beruhen. Wenn eine Kaufsache tatsächlich der Beschreibung nicht entspricht, kann das doch geschrieben werden, aber doch nicht, wenn der Käufer sich vorher die Produkteigenschaften erst gar nicht durchlesen hat. Sollte ein Online-Händler gesetzliche Vorgaben zum Widerrufsrecht verletzen, warum auch immer, dann darf und muss das in die Bewertung. Aber nicht, wenn ohne vorherigen Kontakt der Kundenservice schlecht bewertet wird. Und auch Schimpftiraden wegen der angeblichen Unfreundlichkeit des Postboten müssen eine Bewertung nicht zwangsläufig ins Negative führen, wenn doch der Rest zufriedenstellend ist. Oder 1-Stern Bewertung ohne wirkliche Begründung als Krönung unfairer Bewertungen. Dies ist nicht fair gegenüber dem Händler und auch dem nächsten Kunden, der hofft durch die Bewertung sich zu einem Kauf zu entscheiden oder gerade nicht.

Und der Händler?

Es gibt in der Tat Händler, bei denen die negative Bewertung fair und objektiv ins Schwarze trifft. Auch Produkte können tatsächlich schlecht sein. Das muss man einfach so sagen. Negative Bewertungen können tatsächlich Aufschluss über die Ware geben und helfen, sich von Schlechtem zu trennen. Auch die Wahl des Paketdienstes kann überdacht werden. Unfairen Bewertungen sollte am Besten mit dem Service-Gedanken entgegengetreten werden, denn nur so lassen sich diese Bewertungen ohne Gerichte klären. Kommunikation mit dem Kunden ist immer zu empfehlen. Am Ende soll ja der Kunde im Mittelpunkt stehen. So nun weiter, ich habe noch zwei Artikel zu bewerten. Fair und objektiv natürlich.

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