Themenreihe Marktplätze

Erfolg auf Marktplätzen – ohne Ads kaum möglich

Veröffentlicht: 05.10.2023 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 08.11.2023
Arbeitsplatz / Tisch in Kreativagentur mit großem Advertising-Schriftzug

Dieser Artikel ist Teil unserer Marktplatz-Themenreihe: Diese beleuchtet in verschiedenen Beiträgen nicht nur wichtige Zahlen und Fakten von Amazon, Ebay und Co., sondern stellt Händlerinnen und Händlern auch Tipps rund um Marketing, Anzeigen, SEO oder Internationalisierung auf Marktplätzen bereit. Außerdem finden sich Erfahrungsberichte und Interviews zu spezifischen Online-Plattformen wie Temu, Wish und Shein.
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Ob Amazon, Ebay, Otto oder Kaufland – auf jedem der großen Marktplätze verkaufen zahlreiche Händler:innen ihre Waren, die Konkurrenz ist bekanntermaßen nur einen Klick entfernt. Jene, die dort nach passenden Angeboten suchen, schätzen die riesige Auswahl. Doch allein aufgrund der schieren Masse an passenden Produkten kann es für die Kundschaft auch überfordernd sein, das passende zu finden. 

Wer dann im richtigen Augenblick auf seine Waren aufmerksam macht, hat hier und da die Nase vorn. Vor allem mit Blick auf das kommende Weihnachtsgeschäft gibt es für Händler:innen einige neue Entwicklungen, die sie bei Werbeaktivitäten im Blick behalten sollen.

Wir haben mit zwei Branchenprofis für Marktplatz-Werbung gesprochen: Lennart Hinz, Amazon Advertising Spezialist und Lead Advertising Management bei der auf Amazon-spezialisierten Agentur Movesell, teilt seine Insights rund um das Thema Werbemaßnahmen bei der hierzulande größten Online-Shopping-Plattform. Philipp Hundt, Geschäftsführer der Agentur Network Genius, gibt einen generellen Einblick zu Paid Advertising und erläutert, inwieweit sich Werbestrategien auf den jeweiligen Marktplätzen unterscheiden.

Geht es noch ohne Werbung?

OnlinehändlerNews: Funktioniert es ohne Werbemaßnahmen für Händler:innen eigentlich noch, Top-Platzierungen für ihre Angebote zu erhalten? Müssen Unternehmen werben, um auf den jeweiligen Marktplätzen sichtbar zu sein?

Philipp Hundt, Network Genius: Die Menge an Anbietern, Listings und Angeboten auf Marktplätzen wie Amazon, Ebay, Otto oder Kaufland ist tatsächlich nahezu unübersichtlich groß. Umso herausfordernder ist es für Händler, sichtbarer als die Konkurrenz zu sein. Wer nicht gerade alleiniger Anbieter in einer Nische ist, kommt somit kaum noch darum umhin, Kunden mit gezielter Werbung auf sich aufmerksam zu machen.  

Und wie sieht es auf Amazon aus? 

Lennart Hinz, Movesell: Aufgrund der hohen und weiter zunehmenden Anzahl an Werbeplatzierungen auf den Suchergebnisseiten und Produktdetailseiten sowie der steigenden Anzahl an Wettbewerber:innen je Kategorie, ist Erfolg auf Amazon ohne Ads kaum mehr möglich. Markenbekanntheit, Produktqualität und organische Performance können zwar in einem gewissen Maß zufriedenstellende Ergebnisse erzielen, jedoch können ausschließlich organische Ausspielungen nicht mit exklusiven Werbe-Platzierungen konkurrieren.

Auf vielen Geräten ist es mittlerweile Standard, dass die ersten sichtbaren Platzierungen über Anzeigen bedient werden und organische Ausspielungen zumeist erst „below the fold“ [unterhalb der Scrollkante, Anm. d. Red.| auftauchen. Zusätzlich erschwerend hinzu kommt nun eine Neuerung, die bereits auf dem US Marktplatz getestet wird, über die nicht endemische Marken ihre Waren und Dienstleistungen auf Amazon bewerben können.

Werbung auf Marktplätzen braucht „ein stimmiges Gesamtkonzept“

Wie sieht eine gute Werbestrategie für Händler:innen auf Marktplätzen aus?

Philipp Hundt, Network Genius

Philipp Hundt: Sichtbarkeit, wettbewerbsfähige Preise und ein guter Service sind heute mehr denn je das Nonplusultra für eine effektive und auch nachhaltig wirkende Werbestrategie. Dabei kommt es weniger auf einzelne Maßnahmen an, sondern auf ein stimmiges Gesamtkonzept, in dem sich die einzelnen Maßnahmen sinnvoll ergänzen. 

Das beginnt bereits damit, den Kunden in dem Moment anzusprechen, in dem er ein konkretes Kaufinteresse hat: Marktplätze sind nicht zuletzt auch Suchmaschinen für Konsumenten. Durch guten, SEO-optimierten Content, begleitet zum Beispiel durch bezahlte Ads, können Kunden gezielt zu einem Angebot gelotst werden. Ansprechende Produktbilder genauso wie aussagekräftige Informationen zum Produkt und ein durchdachtes Pricing steigern die Conversion-Rate wesentlich. Auch dosiert eingesetzte Gutscheincodes können zum Kauf motivieren. Nach dem Kauf sind ein reibungsloses Service-Erlebnis, also vor allem ein schneller und fehlerfreier Versand und ein kulanter, transparenter Umgang mit Retouren entscheidend für die Kundenzufriedenheit und -bindung. 

Wie hat sich das Werbegeschäft auf den Plattformen in den letzten Jahren entwickelt?

Philipp Hundt: Es gibt keinen Trend hin zum Online-Handel mehr, der E-Commerce ist stattdessen längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das zeigt sich nicht bloß an der Masse der Konsumenten, die vorwiegend oder (fast) ausschließlich online einkaufen, sondern auch an der Vielzahl an Händlern, die die Nachfrage für sich gewinnbringend bedienen möchten. 

Nicht einmal annähernd im gleichen Verhältnis sind hingegen die Zahl der Werbemöglichkeiten und verfügbaren Werbeplätze gewachsen. Was gut für Werbeanbieter ist, führt auf Händlerseite zu einem steigenden Kostendruck: Die Konkurrenz um die vergleichsweise wenigen verfügbaren Werbeplätze hat auch die Werbekosten deutlich steigen lassen. Allein in den drei Jahren von 2020 bis 2022 hat Amazon seine Werbeeinahmen in den USA auf zuletzt rund 31,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Das liegt nicht nur an den gestiegenen Preisen pro Ad. Konsumenten sind inzwischen auch weniger empfänglich für Werbebotschaften. Sie müssen also mehrfach angesprochen werden, um überhaupt zu konvertieren.  

Auf Amazon zählt Relevanz

Wie können Händler:innen auf Amazon für ihre Produkte effizient werben?

Lennart Hinz, Movesell

Lennart Hinz: Einer der wichtigsten Aspekte bei Advertising auf Amazon war schon immer die Relevanz. Amazon und die auf dem Marktplatz verfügbaren Werbemaßnahmen gestalten sich größtenteils wie klassisches Pull-Marketing, sodass es wichtig ist, die suchenden Nutzer:innen in ihrem Kaufinteresse abzuholen. Hierzu ist es entscheidend, dass die Recherche nach Targetings gründlich und unter Berücksichtigung der Zielgruppe durchgeführt wird. 

Passgenaue Targetings sorgen dafür, dass Konsument:innen schneller ein für sie und ihre Suche zutreffendes Produkt finden. Hier ist es aber wichtig zu betonen, dass Klicks auf eine Werbeanzeige im ersten Schritt erstmal nur Kosten verursachen. Entsprechend unabdingbar ist es, dass der Content der Produktdetailseiten möglichst hohen Qualitätsstandards entspricht, damit die potenziellen Kund:innen nötiges Vertrauen für einen Kauf vermittelt bekommen.

Welche Entwicklungen beobachten Sie speziell bei Amazons Werbegeschäft, etwa mit Blick auf das Anzeigenportolio und das Preis-Leistungs-Verhältnis?

Lennart Hinz: Innerhalb der letzten Jahre hat Amazon viele Neuerungen im Advertising herausgebracht. In vielen Fällen eröffnen diese den Werbetreibenden neue Möglichkeiten. Besonders für Konsument:innen sichtbare Neuerungen sind dabei neue Werbeformate, wie Sponsored Brands Video oder Sponsored Display Video, oder auch neue Platzierungen, wie Ausspielungen abseits von Amazon über Sponsored Display. Nicht sichtbar für Nutzer:innen, aber umso wichtiger für Werbetreibende, sind die unzähligen Erweiterungen für Anpassungs- und Auswertungsmöglichkeiten. Diese führen zu einer deutlich effizienteren Steuerung von Advertising-Kampagnen, sind jedoch meist auch mit einer höheren Komplexität verbunden. 

Eine weitere Entwicklung sind die steigenden Klickpreise, welche die erhöhte Anzahl an Wettbewerber:innen widerspiegeln. Ob dann noch ein zufriedenstellendes Preis-Leistungs-Verhältnis besteht, ist stets abhängig von den Zielen, die mit der Werbung verfolgt werden und in welchen Produktkategorien man sich in seinem Produktportfolio bewegt.

Andere Marktplätze, andere Zielgruppen und Möglichkeiten

Ebay ist nicht Amazon, Otto ist nicht Kaufland. Braucht es deshalb auch unterschiedliche Werbestrategien für die jeweiligen Marktplätze? Was sollte beachtet werden?

Philipp Hundt: Händler sind gut beraten, nicht alle Marktplätze in einen Topf zu werfen, sondern differenzierte Strategien zu entwickeln. Das beginnt bereits bei der Frage, ob es sich überhaupt auszahlt, auf jedem der bekannten Marktplätze aktiv zu sein. In vielen Fällen ergibt es für Händler stattdessen tatsächlich wesentlich mehr Sinn, sich auf einen oder allenfalls einige der Marktplätze zu fokussieren.

Entscheidend für die Wahl des richtigen Marktplatzes ist eine gründliche Vorbereitung: Händler sollten sich intensiv mit der Kundenstruktur des Marktplatzes auseinandersetzen, um zu ermitteln, ob es sich überhaupt lohnt, dort aktiv zu werden. Für Elektronik-Händler kann ein spezialisierter Marktplatz wie der von Conrad beispielsweise wesentlich ergiebiger sein als ein umkämpfter Marktplatz wie Amazon oder Ebay. Nicht zuletzt ist nämlich auch die Konkurrenzanalyse entscheidend bei der Wahl des passenden Marktplatzes – quantitativ genauso wie qualitativ.

Jede gute Werbestrategie zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Händler mit ihr von seiner Konkurrenz abhebt oder einen Wettbewerb bestmöglich vermeidet. Zentral sind neben dem Pricing so beispielsweise auch die Analyse der Werbe- und Keyword-Strategien vorhandener Konkurrenten – mit dem Ziel, Nischen zu finden und diese bestmöglich für sich zu nutzen. 

Neben Amazon-Händler:innen betreut Movesell beispielsweise auch Otto-Partner:innen zum Marktplatz-Advertising. Welche Unterschiede gibt es aus eurer Sicht im Vergleich zum Werben auf Amazon? Welche Entwicklungen beobachtet ihr beim Anzeigengeschäft auf Otto? 

Lennart Hinz: Das Advertising auf Otto steht im Vergleich zu Amazon noch in den Startlöchern. Jedoch entwickelt sich dieses rapide weiter. Anhand unserer direkten Austauschs mit dem Produkt-Team können wir die Entwicklung aktiv mitverfolgen und gestalten. Die Roadmap für Formate und Features ist mit vielen großen und wichtigen Punkten versehen, welche trotz ihrer Tragweite ohne große Hindernisse umgesetzt werden. Als Werbetreibender darf man sich daher schon auf mehr Möglichkeiten freuen, Produkte zielführend auf Otto bewerben zu können.

Peak-Season: Das Interesse an Shopping-Events sinkt – langfristige Planung ist wichtig

Die Peak-Saison steht vor der Tür. Worauf sollten sich Händler:innen bei ihren Planungen für Werbemaßnahmen auf den Marktplätzen in diesem Jahr besonders einstellen? 

Philipp Hundt: Die letzten Jahre haben gezeigt, dass der Trend hin zur Eventisierung des Weihnachtsgeschäfts gebrochen ist. Waren Events wie der Black Friday, der Cyber Monday oder der kurz aufkeimende Singles Day Mitte und Ende der 2010er-Jahre noch echte Highlights im Weihnachtsgeschäft, ist das Interesse an ihnen in den letzten zwei, drei Jahren deutlich abgeflacht. 

Das (mediale) Interesse an diesen Events und mit ihm die Konkurrenz um Werbeplätze und der Preisdruck haben neben logistischen Gründen dazu geführt, dass sich inzwischen deutlich weniger Händler aufs letzte Novemberwochenende fokussieren. Das haben auch Konsumenten gemerkt, denn die Qualität der Angebote hat in den letzten Jahren – um es freundlich zu formulieren – eher stagniert.

Wir empfehlen Händlern deshalb, das Weihnachtsgeschäft weniger als Sprint, sondern mehr als Marathon anzulegen und ihre Kunden immer mal wieder mit gut durchdachten Aktionen und attraktiven Angeboten zum Kauf zu animieren. Abseits der Großkampftage sind nicht bloß die Konkurrenz und Preise für Werbung geringer. Eine Entzerrung der Weihnachtskampagne hilft auch, Lastspitzen zu vermeiden, logistische Prozesse sauber zu halten und so Kunden ein stimmiges Serviceerlebnis zu bieten, das sie dazu bringt, den Händler für zukünftige Käufe im guten Gedächtnis zu behalten. 

Was gilt auf Amazon für solche Aktionstage, wozu ja beispielsweise auch die Prime Days zählen. Wie können sich Händler:innen dort in Zeiten größerer Konkurrenz behaupten?

Lennart Hinz: Die frühzeitige und gründliche Planung solcher Events und Saisonalitäten ist besonders wichtig. Das rechtzeitige Bereitstellen von dedizierten Kampagnen und das zeitbasierte Erhöhen von Geboten und Budgets muss entsprechend vorbereitet werden. Da auch die Konkurrenz entsprechende Umsetzungen planen und bereit sein wird, mehr in das erhöhte Suchaufkommen und die erhöhte Kaufbereitschaft zu investieren, sollte bestenfalls ein Zusatzbudget eingeplant oder von schwächeren Phasen reallokiert werden.

Vielen Dank für die Einblicke! 

Dieser Artikel ist Teil unserer Themenreihe Marktplätze. Eine Übersicht über die wichtigsten Plattformen, Erfahrungsberichte und weitere Artikel zu verschiedenen Marktplatzthemen findet ihr auf unserem Themen-Hub zur Reihe! >> Zur Themenreihe Marktplätze

Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

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Kommentare  

#1 Dirk 2023-10-06 10:19
Really?
Ein "Advertising Spezialist", der davon lebt, sagt: "Ohne Werbung geht es nicht:"???
Na wenn der mal keine neutrale Meinung hat, wer dann?
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