Transaktionsvolumen zu gering

Sofort GmbH kündigt zahlreichen Händler:innen – das steckt dahinter

Veröffentlicht: 28.11.2023 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 28.11.2023
Person mit Smartphone vor Laptop

Der Payment-Anbieter Sofort GmbH spricht derzeit nahezu sämtlichen seiner Bestandskund:innen eine einseitige Kündigung aus. Auf Portalen wie Trustpilot häufen sich die negativen Bewertungen verärgerter Händler:innen, die sich nach jahrelanger Partnerschaft auf den Schlips getreten fühlen. Als einzigen Grund nennt das der Redaktion vorliegende Kündigungsschreiben ein zu geringes Transaktionsvolumen. Wir haben uns das Schreiben genauer angesehen und bei der Sofort GmbH Mutter Klarna nachgefragt.

Kündigung soll Ende März 2024 in Kraft treten

Das vorliegende Kündigungsschreiben ist knapp und sachlich. Es wird darauf hingewiesen, dass Kooperationen mit geringem Transaktionsvolumen nicht rentable Anstrengungen seitens der Sofort GmbH mit sich ziehen. Aufgrund dessen wird die Geschäftsbeziehung mit Frist zum 31. März 2024 beendet. Wo jedoch ein entsprechend rentables Transaktionsvolumen liegen würde, wird nicht weiter spezifiziert. Auf Trustpilot berichten verschiedene Händler:innen von tatsächlich sehr geringen bis aber auch durchaus hohen Volumina. 

Den zusätzlich zum Kündigungsschreiben versandten FAQ kann man leider auch nur wenige Informationen zu den Hintergründen entnehmen. Im Wesentlichen versucht dieses die Echtheit der Kündigung zu legitimieren und verweist für Fragen an eine E-Mail-Adresse. Darauf folgen Hinweise zum Abschluss des Kontos und einer möglichen Weiternutzung der Dienste von Klarna.

Von der rechtlichen Warte fällt eine Kündigung wie hier grundsätzlich ernüchternd aus. Wie unsere Juristin Yvonne Bachmann einwendet, müssen sich Betroffene immer vor Augen halten, dass Kündigungen – wie in jedem anderen Bereich auch – möglich sind. Daher sei auch die Sofort GmbH berechtigt, die Geschäftsbeziehung mittels einseitiger Kündigung entweder sofort oder mit einer bestimmten Frist (wie hier als ordentliche Kündigung) zu beenden und den Account stillzulegen. „Je nach individueller Situation muss das aber logisch und nachvollziehbar begründet werden. Hier scheint es offenbar bei einigen Shops Nachholbedarf zu geben, denn vielfach ist das nicht passiert.“

 

Das sagt die Sofort-Mutter-Klarna zur Kündigungswelle

Im Jahr 2014 erwarb der schwedische Payment-Anbieter Klarna die deutsche Sofort GmbH. Da sich Klarna immer stärker auf dem deutschen Markt etabliert, scheint es denkbar, dass es sich bei dem Schritt um eine Konsolidierung der eigenen Dienste handelt. So bestätigte eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber OnlinehändlerNews:

„Wir integrieren Sofort enger in das Kerngeschäft von Klarna, so dass Sofort-Händler und Verbraucher:innen von der für Klarna typischen reibungslosen User Experience profitieren können. (...) Diese Umstellung bedeutet leider auch das Aus für einige Händlerpartner der Sofort GmbH. Wir haben den betroffenen Händlern empfohlen, sich für die Banküberweisung über Klarna Payments anzumelden, die ihnen alle Vorteile von Sofort mit einem noch reibungsloseren Benutzererlebnis bietet.“

Spielt der EU-Beschluss zu Echtzeit-Überweisungen eine Rolle?

Ein möglicher weiterer Hintergrund ist die vor kurzem beschlossene Neuregelung für Echtzeit-Überweisungen. Anfang November hatten die EU-Staaten und das Europaparlament beschlossen, dass solche künftig kostenlos angeboten werden müssen. Wenn nunmehr auch ganz normale Banken eine kostenlose Direktüberweisung anbieten, bedrängt dies natürlich Unternehmen, deren Geschäftsmodell in genau dieser Dienstleistung besteht.

Wo Payment-Anbieter wie PayPal oder Klarna nun noch durch zahlreiche Zusatzleistungen ihre Daseinsberechtigung weiter behaupten können, sieht es nach dem Beschluss für die Sofort GmbH eher eng aus. 

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Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

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Kommentare  

#5 Christian F. 2023-12-02 13:26
Es ist ganz einfach. Ich bin seit Anfang an dabei und habe von den sehr niedrigen Gebühren profitiert. Diese Kunden möchte man jetzt loswerden, um sie an anderer Stelle mit höheren Gebühren wieder aufzunehmen nämlich direkt bei Klarna oder einem Drittanbieter. Das Partnerprogramm wurde ja auch eingestellt. Ich für mich werde nur noch Paypal, Vorkasse und Amazonpay anbieten. Klarna und sofortüberweisu ng werden komplett rausfallen.
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#4 Joachim Schubert 2023-12-02 13:16
Villeicht sollte auch erwähnt werden, dass die Transaktionsgeb ühren nun von etwa 1,4 % bei Sofort auf 3 % bei Klanra steigen werden !

Ein Schelm der böses dabei denkt ...
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#3 Dirk 2023-11-30 09:39
Die Vorgehensweise von Klarna mit der Kündigung ist durchaus typisch und zeigt die mangelnde Wertschätzung selbst von jahrzehntelange n Geschäftspartnern.
Ein Merkmal dieser geringen Wertschätzung ist u.a. der auf den ersten Blick konziliant wirkende Hinweis auf mögliche Nachfragen der SOFORT-Kunden an die Absenderadresse der Kündigungsmail - tatsächlich kam diese aber von einer noreply@-Adress e...
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#2 Dirk 2023-11-30 09:38
Der Abstieg von SOFORT begann mit der Übernahme durch Klarna.
Aus einem reibungslosen Produkt wurde ein störanfälliges Transaktionsmod ul mit regelmäßigen Zahlungsausfäll en, unerklärlichen Abbrüchen, Zahlungen ohne Auftrag, Aufträgen ohne Zahlung usw. und bei SOFORT fühlte sich nie einer zuständig, sondern die Verantwortung wurde grundsätzlich auf den Käufer geschoben, der das Transaktionsfen ster "wohl zu früh geschlossen" hätte o.ä.

In der Tat krankte die SOFORTÜBERWEISU NG von Anfang an ihrem Namen. Denn sie war noch nie "sofort", sondern eben eine ganz normale Überweisung mit entsprechender Laufzeit von 1-2 Werktagen - was bei einer "Sofortüberweis ung" am Freitagabend eben schon mal bis Dienstag dauern konnte. Das SOFORT-Tool nahm dem Kunden nur die Übertragung von Bankverbindung, Betrag und Betreff in die Buchungsmaske ab - das war alles.
Dem Käufer wurde aber durch den Namen suggeriert, dass es sich tatsächlich um eine Echtzeit-Überwe isung handelte, was sie aber nie war. Dementsprechend erwartete auch der Kunde einen sofortigen Versand.

In der Realität entsprach eine "Sofortüberweis ung" aber eher dem Einwerfen eines Überweisungsauf trages in den virtuellen Briefkasten der Bank. Sie konnte mangels Kontodeckung (z.B. wenn übers Wochenende mehrere Lastschriften etc. aufgelaufen waren) auch durchaus nachträglich abgelehnt werden. Worüber dann der Händler als vermeintlicher Zahlungsempfäng er noch nicht mal in Kenntnis gesetzt wurde. Er wartete nur vergeblich auf sein Geld. Und SOFORT machte sich einen schlanken Fuß und zog sich aus der Verantwortung - sie seien nur für die Übermittlung der Transaktion zuständig, übernähmen aber keinerlei Zahlungsgaranti e. So war SOFORT auch nie eine rechtlich verbindliche Sofortzahlungsa rt wie Paypal oder Kreditkarte, sondern objektiv betrachtet immer schon ein Etikettenschwindel.
Da die "Sofortüberweis ungen" in der Realität tatsächlich nur einen geringen Bruchteil aller Transaktionen in den Onlineshops ausmachten, ist ein Wegfall dieser Zahlungs-Option sicher zu verschmerzen.
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#1 Alexander M. 2023-11-29 08:27
Wenn es ein für Klarna zu geringes Transaktionsvol umen gibt, dann liegt das daran, dass Klarna/Sofort kein für die Zahler interessantes Angebot hat. Natürlich könnte man an dieser Stelle ansetzen und Sofort verbessern, man kann aber auch aufgeben und Kündigungen aussprechen.

Wie interessant Klarna als Geschäftspartne r noch ist, wenn solche einseitigen Kündigungen aus heiterem Himmel kommen, muss natürlich jeder für sich entscheiden. Es gibt ja auch noch das eine oder andere Datenschutzbede nken bei Klarna.
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