Abgesagte Pauschalreisen während Corona

Rückzahlungspflicht: Reiseunternehmen können sich nicht auf höhere Gewalt berufen

Veröffentlicht: 12.06.2023 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 12.06.2023
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Während der Corona-Pandemie mussten viele Veranstaltungen, Reisen und Events ausfallen oder verschoben werden. Häufig kam es dabei zu der Frage, wer eigentlich auf den Kosten sitzen bleibt. Für Pauschalreiseverträge sind die Rücktrittbedingungen in einer EU-Richtlinie geregelt. Frankreich und die Slowakei schafften im Zuge der Covid-19-Pandemie allerdings gesonderte Richtlinien, die die Rücktrittsrechte der Reisenden einschränkten. Dagegen gingen Verbraucherschützer vor und bekamen vor dem EuGH recht (C-407/21 und C-540/32), wie das Gericht in einer Pressemitteilung bekannt gab. 

EU-Richtlinie zu Pauschalreise

Die EU-Richtlinie 2015/2302 bestimmt, welche Rechte Verbraucher:innen bei einer Pauschalreise zustehen und unter welchen Bedingungen sie zurücktreten dürfen. Hier ist auch geregelt, dass ein Rücktritt dann möglich ist, wenn am Bestimmungsort „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ auftreten, die die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen würden. In diesem Fall haben die Reisenden einen Anspruch auf Rückzahlung aller bereits geleisteten Zahlungen. Diese Rückzahlung muss innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung des Reisevertrags ausgezahlt werden. Auch Veranstalter:innen können den Reisevertrag beenden, wenn diese aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände daran gehindert sind, den Vertrag zu erfüllen. In diesem Fall müssen sie ebenso den Reisenden die Kosten innerhalb von 14 Tagen erstatten. 

Frankreich und Slowakei schafften Corona-Sonderregeln

Frankreich hatte im Zuge der Covid-19-Pandemie eine Rechtsverordnung erlassen, welche vorsah, dass Reiseveranstalter:innen im Falle eines Rücktrittes, wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände oder höherer Gewalt den Reisenden zunächst einen Gutschein ausstellen. Dieser sollte eine Gültigkeit von 18 Monaten haben. Erst wenn der Gutschein in dieser Zeit nicht eingelöst wurde, werden die Zahlungen erstattet.  Die französische Regierung gab an, dass mit dieser Regelung die Lebensfähigkeit der Tourismusbranche erhalten bleiben sollte. Reiseunternehmen sollten nicht wegen der zahlreichen Rückforderungen aufgrund der Covid-19-Pandemie derart beeinträchtigt werden, dass deren Existenz bedroht wird. 

In der Slowakei wurde im Zuge der Pandemie eine Regelung geschaffen, bei denen Reisende einen veränderten Vertrag oder eine Ersatzreise akzeptieren müssen. 

Der EuGH hat beide Regelungen nun für unzulässig erklärt. 

Verweis auf höhere Gewalt unzulässig

Die französische Regierung verwies darauf, dass es sich bei der Covid-19-Pandemie um einen Fall von höherer Gewalt handle, der über das hinausgeht, was bei dem Erlass der Pauschalreiserichtlinie gedacht war und nicht unter „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ fällt, die von der EU-Richtlinie mit umfasst sein sollen. 

Der Gerichtshof wies dies allerdings zurück. Die Covid-19-Pandemie fällt unter den Begriff der „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände“ und somit sind die EU-Mitgliedsstaaten nicht dazu berechtigt, eigene Regelungen zu erlassen, die die Rechte der Reisenden einschränken. Der Gerichtshof ging zudem darauf ein, dass die finanziellen Notlagen der Veranstalter:innen mit bestimmten Beihilfemaßnahmen verhindert werden können. 

Auch die Regelungen der Slowakei erklärte der EuGH mit der gleichen Begründung für unzulässig.

Über die Autorin

Hanna Hillnhütter
Hanna Hillnhütter Expertin für: Verbraucherschutz- und Strafrecht

Hanna verschlug es 2012 für ihr Jurastudium vom Ruhrgebiet nach Leipzig. Neben dem Studium mit dem Schwerpunkt Strafrecht, spielte auch das Lesen und Schreiben eine große Rolle in ihrem Leben. Nach einem kurzen Ausflug in das Anwaltsleben, freut Hanna sich nun, ihre beiden Leidenschaften als Redakteurin verbinden zu können.

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