Fliegender Gerichtsstand

Wo muss eine Vertragsstrafe eingeklagt werden?

Veröffentlicht: 26.06.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 26.06.2023
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Kommt es zu rechtlichen Streitigkeiten zwischen zwei Parteien, muss gefragt werden, an welches Gericht sie sich im Falle einer Klage wenden müssen (der sogenannte Gerichtsstand). Dieser ist bei Fällen mit Internetbezug jedoch etwas komplizierter zu bestimmen, denn es geht nicht einfach nach dem Wohnort beziehungsweise Sitz der beiden Parteien.

Kein fliegender Gerichtsstand bei Vertragsstrafen aus Urheberrechtsverletzungen

Wurde ein Foto unberechtigt auf der eigenen Webseite verwendet oder ein Wettbewerbsverstoß begangen, finden diese Verstöße nicht in einem bestimmten Gerichtsbezirk statt, sondern sind überall über einen Computer aufrufbar. Die unerlaubte Handlung findet daher, vereinfacht gesagt, in jedem deutschen Gerichtsbezirk statt und kann dort zur Verhandlung gebracht werden. Der Abmahner durfte sich daher in diesem besonderen Fall ein Gericht heraussuchen, der sog. fliegende Gerichtsstand.

Für anschließende Vertragsstrafen, die bei einem Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung fällig werden, gilt dieser jedoch keineswegs, so das Landgericht Köln (Urteil vom 23.02.2023, Az.: 14 O 287/22). Für den konkreten Fall, der entschieden wurde, eine Vertragsstrafe mit urheberrechtlichem Bezug, sei der ordentliche Rechtsweg gegeben. Für juristische Personen oder andere Gewerbetreibende besteht der allgemeine Gerichtsstand beispielsweise am Sitz.

Fliegender Gerichtsstand quo vadis?

Das Urteil unterstreicht aber noch einmal, wie komplex die Rechtslage seit Ende 2020 geworden ist, denn die Frage nach dem richtigen zuständigen Gericht ist durch eine Gesetzesänderung verkompliziert worden. 

Der fliegende Gerichtsstand stand seit jeher in der Kritik, denn in der Theorie konnten sich Abmahner das Gericht heraussuchen, welches bereits ähnliche Fälle für sie günstig entschieden hatte. Aufgrund dieser Kritik wurde der fliegende Gerichtsstand mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs novelliert und mehr oder weniger abgeschafft. Wie genau das Gesetz zu verstehen ist, ist jedoch unter den Gerichten immer noch umstritten. Wir berichteten beispielsweise über zwei Entscheidungen aus Düsseldorf, denen sicherlich noch einige folgen werden.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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