Abmahnmissbrauch

Abmahnverein: Ido geht's nur ums Geld

Veröffentlicht: 05.07.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 05.07.2023
Geschäftsmann schießt Geld aus einer Kanone

So alt wie die Ido Abmahnungen sind, so alt sind auch die Zweifel, ob es dem Verband wirklich um einen lauteren und fairen Wettbewerb geht. Dennoch hatten sich Händler in der letzten Dekade die Zähne an dem Verband ausgebissen und es waren lediglich Einzelfälle, in denen der Ido Verband unachtsam war und entsprechende Abmahnungen kassiert wurden. Doch die Liste der Gerichtsentscheidungen, die dem Ido unfaires Verhalten bescheinigen, wächst und wächst. Nun reiht sich ein neues Verfahren in die Reihe ein.

Mitgliedschaft auf Zahlung von Beiträgen angelegt

Kürzlich wurde eine Vertragsstrafenforderung des Ido Verbandes, wie sie Tausende von Händlern kennen, vom OLG Köln als rechtswidrig eingestuft (OLG Köln, Urteil vom 21.06.2023, Az.: 6 U 147/22, rechtskräftig). Die vielfach kritisierte Mitgliederstruktur, nach der zwar eine Vielzahl passiver und nur wenige aktive Mitglieder im Ido Verband Mitglied sind, spreche zwar für sich genommen noch nicht für missbräuchliches Vorgehen. 

Zu einem Rechtsmissbrauch werde das Ganze jedoch dann, wenn die aktive Mitgliedschaft bei der Mitgliederakquise gar nicht erst angeboten sowie über ihre Voraussetzungen nicht informiert wird, sondern allein eine passive Mitgliedschaft. Fakt ist, je breiter die Mitglieder aufgestellt sind, desto breiter ist auch die Gruppe derer, die abgemahnt werden kann. Dem Verband dürfte also sehr wohl an sehr vielen Mitgliedern gelegen sein, die für sich genommen jedoch keine Arbeit machen.

Im Jahr 2020 Einnahmen von mehr als 3,2 Mio. Euro 

Auch die Geldmacherei stand trotz der relativ geringen Abmahngebühren immer schon in der Kritik. Daher rechnete das OLG Köln noch einmal nach. Laut Urteilsbegründung seien im Jahr 2020 44 Prozent der Einnahmen der über 3,2 Mio. Euro lediglich auf sechs Mitarbeiter:innen verteilt worden, die überdies zueinander in einer engen persönlichen Verbindung gestanden haben sollen. Es liegt auf der Hand: Die durch die Abmahnungen erzielten Einnahmen kommen also weniger der Durchsetzung kollektiver Interessen, beispielsweise der Prävention der Mitglieder vor eigenen Verstößen, als vielmehr der Deckung privatem Nutzens zugute, so die klaren Worte der Richter.

Zwar könne ein Verschonen eigener Mitglieder, wie es dem Ido Verband ebenfalls oft vorgeworfen wird, kompensiert werden. Dann müsse der Verband aber wenigstens Informationen bereithalten oder weichere Formen der Disziplinierung umzusetzen, was nicht geschah. 

Strategische Ausrichtung zielte auf breite Abmahnbefugnis ab

Abgesehen davon, dass der Ido Verband Verstöße nicht nur in den eigenen Reihen durchgehen lassen habe, sollen im Jahr 2020 nur ein Viertel der abgemahnten Verstöße gerichtlich verfolgt worden sein. Reagiert man auf eine Abmahnung nicht, wäre das jedoch die logische Konsequenz, wenn man es als Abmahner wirklich ernst meint. Auch das erhärte den Eindruck, dass es dem Ido Verband über Abmahnungen um den Abschluss von Unterlassungserklärungen geht, denn die bringen über die Vertragsstrafen sehr viel mehr Geld. Ein Gerichtsverfahren würde – über das Pendant zur Vertragsstrafe, dem Ordnungsgeld – letztendlich nur die Staatskasse bereichern.

Um die Unterlassung des Wettbewerbsverstoßes, also dem eigentlichen erklärten Ziel des gesamten Wettbewerbsrechts und auch des Ido Verbandes, ging es dabei offenbar nicht. Die Zusammenschau lässt keinen anderen Rückschluss zu, dass die Geschäftsstrategie auf Gebührenerzielung ausgerichtet, und damit rechtsmissbräuchlich war.

Hinweis: Auch wenn erst einmal keine Abmahnungen des Ido Verbandes zu erwarten sind, bleiben die unterzeichneten Unterlassungserklärungen weiterhin bestehen und sind umzusetzen. Andernfalls kann eine Vertragsstrafe gefordert werden, was der Ido Verband derzeit auch wieder (vermehrt) tut. Problem: Ob Vertragsstrafen aus diesen alten Unterlassungserklärungen überhaupt noch eingefordert werden dürfen, obwohl der Verband die Befugnis zur Abmahnung selbst verloren hat, ist ungeklärt. Wer sich nicht anwaltlich beraten lässt, verschenkt Geld.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#6 anja 2023-07-06 15:07
in deutschland gibt es die möglichkeit einer sammelklage garnicht. da muß jeder für sich selbst klagen. daher klagen viele bei fällen internationaler art über USA. wenn also IDO das gleiche spielchen in USA getrieben hätte, könnte man sich ggf. einer dortigen sammelklage anschließen, aber wurde das recht des kleinen schon immer beschnitten.
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#5 Neville 2023-07-06 09:02
Durchaus interessant wäre es zu wissen ob die bisher Geschädigten ein Recht auf Schadensersatz erhalten. Einer Sammelklage würde ich mich gerne anschliessen ...
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#4 JUS 2023-07-06 08:38
Zitat, wir haben doch eine Täterfreundlich e Justiz.
Uns hat ein Verbraucher via Bankeinzug betrogen, nach 6 Monaten haben wir den Stand nachgefragt.
Verfahren ist abgeschlossen, Geldstrafe von 2.000 € erteilt. Wir sollen unser Geld dann Zivilrechtlich einklagen. Merkt der Staat noch was, er kassiert 2.000 €, bereichert sich an meiner Anzeige und ich soll jetzt zusätzlich gutes Geld rausschmeissen.
Und dann kommt das obige Zitat!
Tschuldigung, es kotzt mich nur noch an.
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#3 Michael 2023-07-06 08:30
Da wäre ich ja nie drauf gekommen, das es dem IDO Verein nur ums Geld geht.....
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#2 anja 2023-07-05 16:12
das bringt uns geschädigten jetzt auch nichts mehr, nur weil es den gesetzgebern bisher völlig egal war, ob ein paar händler mehr oder weniger durch solche miese machenschaften teilweise ihre existenzen verloren haben oder zumindest finanzielle und gesundheitliche einbußen erleiden mußten. IDO hat sehr viele jahre eine regelrechte brandrodung kleiner und mittelständisch er betriebe / händler betrieben, ohne daß die meisten davon überhaupt je einen kunden durch kleine angabefehlerche n geschädigt hätten oder es gar jemandem überhaupt aufgefallen wäre, wären da nicht die sog. abmahngeier und leichenfleddere r. ich hatte mal durch die abmahnung von IDO als einzelunternehm er derart herbe einbußen, daß ich diese auch noch nach 7 jahren merke. die sollten an jedes ihrer opfer wiedergutmachun g zahlen müssen. alles andere ist für die meisten nur leeres blabla.
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#1 Neo 2023-07-05 14:30
Der IDO Verband zeigt für mich klar auf, was falsch mit dem deutschen Justizsystem läuft. Da wird x-mal über Jahrzehnte festgestellt, was sowieso seit Jahren jeder weiß, dass es dem IDO Verband nur um persönliche Bereicherung geht mit immensen Schaden für die deutsche Wirtschaft. Viele Onlinehändler dürften auf Grund des Abmahnwahnsinns in Deutschland schlichtweg aufgegeben haben. Und trotzdem hat dieser Selbstbereicher ungsverband der das deutsche Justizsystem ad absurdum führt und den Gerichten unnötig viel Arbeit beschert keine eigentlichen Konsequenzen für sein nahezu kriminelles Verhalten in Deutschland zu befürchten. Er darf seit Geld behalten und sogar noch weiter Vertragsstrafen einkassieren.
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