Manipulierte Arbeitszeit

Verdachtskündigung wegen Arbeitszeitbetrugs ist rechtens

Veröffentlicht: 08.08.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 08.08.2023
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Auch wenn es noch keine konkreten Regelungen zur Arbeitszeiterfassung gibt, gilt bereits jetzt: Unternehmen müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden erfassen. Um diese Pflicht zu erfüllen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine sehr bekannte davon ist die sogenannte Stechuhr, mit deren Hilfe sich die Arbeitnehmenden zu Beginn ihrer Arbeitszeit einstechen und am Ende ihres Arbeitstages wieder ausstechen. Doch das System hat Lücken. 

So wurde jetzt durch ein Urteil des Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern bekannt, dass ein Mitarbeiter des Jobcenters über einen längeren Zeitraum die Arbeitszeit manipuliert hat, indem er sich vor seinem eigentlichen Arbeitsbeginn per Stechuhr einloggte. Wie das LAG entschied, war die daraufhin folgende Kündigung durch die Arbeitgeberin rechtens. 

Stichproben erhärteten den Verdacht

Dem Servicemitarbeiter eines Jobcenters wurde gekündigt, nachdem sich aufgrund von Stichproben der Verdacht erhärtet hatte, dass dieser die Arbeitszeiterfassung manipulierte. Zwar arbeitete der Mann in Gleitzeit grundsätzlich im Dienstgebäude. Jedoch fiel der teilzeitbeschäftigten Vorgesetzten auf, dass er trotz Vollzeitbeschäftigung später als sie kam und früher wieder ging. Durch mehrere mit der Personalvertretung abgesprochene Stichproben kam ans Tageslicht, dass der Mitarbeiter gar nicht in seinem Büro war, obwohl er sich als anwesend gemeldet hatte. Die Vorgesetzte vermutete, dass er die Buchungen vor seinem eigentlichen Arbeitsbeginn über den Mobilarbeitszugriff seiner Lebensgefährtin, die ebenfalls für das Jobcenter im Homeoffice tätig war, von zu Hause aus verfälschte, schildert beck-online den Sachverhalt. 

Endgültig beweisen konnte die Vorgesetzte die Manipulation nicht. Darauf angesprochen, konnte der Mitarbeiter die Abweichungen allerdings auch nicht widerspruchsfrei erklären. Die Arbeitgeberin kündigte ihm ordentlich, woraufhin der Mann jedoch Kündigungsschutzklage erhob.

Schwerwiegender Vertrauensbruch

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern gab der Arbeitgeberin, wie zuvor schon das Arbeitsgericht Stralsund, Recht (Urteil v. 28.03.2023, Az. 5 Sa 128/22) und sah die Verdachtskündigung als sozial gerechtfertigt an. Eine Abmahnung war demnach entbehrlich, da die Manipulation der Arbeitszeit einen schwerwiegenden Vertrauensbruch darstellt. Und das LAG ging noch weiter: Zwar sind an eine Verdachtskündigung hohe Hürden geknüpft. Die in der ersten Instanz, auch durch Zeugenaussagen, zugrunde gelegten Tatsachen für eine Manipulation der Dokumentation hätten aber sogar eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. 

Werde gegen Dokumentationspflichten bei der Arbeitszeiterfassung vorsätzlich verstoßen, stelle dies grundsätzlich einen wichtigen Grund in diesem Sinne dar – unabhängig davon, ob die Stechuhr manipuliert oder aber Formulare verfälscht werden. Das LAG hielt fest, dass sich der Arbeitgebende bei Gleitzeitmodellen darauf verlassen können muss, dass die Arbeitszeit korrekt dokumentiert wird, wenn den Arbeitnehmenden der Nachweis dazu übertragen werde.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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