Beschluss gegen Bewertungsportal

Kununu muss Klarnamen nennen oder Rezensionen löschen

Veröffentlicht: 20.02.2024 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 20.02.2024
Person gibt Sterne-Bewertung

Auf Bewertungsportalen schlecht über den (ehemaligen) Arbeitgebenden herziehen? Das sollten sich (Ex-) Mitarbeitende in Zukunft gut überlegen. Denn das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat in der vergangenen Woche ein verblüffendes Urteil gefällt. Nach Ansicht der Richter sei der Anspruch des Arbeitgebenden, negative Bewertungen gegen das Unternehmen zu überprüfen, höher anzusehen, als die Anonymität der verfassenden Personen. Damit gelang es einem Unternehmen, einen Sieg gegen die Arbeitgebenden-Bewertungsplattform Kununu einzufahren. Das will das Portal jedoch nicht auf sich sitzen lassen und hat bereits Rechtsmittel angekündigt. 

Beschluss im Eilverfahren

Haben Arbeitgebende Zweifel an einer negativen Bewertung, mussten sie das bislang hinnehmen. Doch das könnte sich nun ändern. Wie das OLG Hamburg in einem Eilverfahren (Beschluss vom 08.02.2024, Az. 7 W, 11/24) entschieden hat, müssen Bewertungsplattformen wie Kununu bei Zweifeln an negativen Bewertungen den Klarnamen der verfassenden Person offenlegen oder die Bewertung löschen. Einen Anspruch auf Anonymität haben die Verfassenden nicht, erklärte das Gericht. 

Bewertungsplattformen wie Kununu bieten (ehemaligen) Mitarbeitenden, aber auch Bewerber:innen oder Auszubildenden die Möglichkeit, arbeitgebende Unternehmen in verschiedenen Kategorien in anonymisierter Form zu bewerten. Bei negativen Bewertungen konnten Unternehmen bislang deren Authentizität anzweifeln, um Fake-Bewertungen auszuschließen. 

Vorinstanz entschied zugunsten der Plattform

Im vorliegenden Fall reichte das einer Arbeitgeberin jedoch nicht aus. Der Forderung der Arbeitgeberin, die negative Bewertung zu löschen, kam Kununu nicht nach, schildert LTO den Fall. Im Gegenzug forderte Kununu von der Arbeitgeberin konkrete Nachweise einer Rechtsverletzung durch die Bewertung, welcher jedoch nicht vorgelegt wurde. Kununu löschte die Bewertung nicht, wurde aber selbst noch einmal aktiv und wandte sich an den Verfasser der Bewertung und bat diesen wiederum um einen Nachweis der Authentizität der Bewertung. Das Portal erhielt daraufhin mehrere anonyme Tätigkeitshinweise des Verfassers. 

Der Antrag der Arbeitgeberin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Forderung auf Löschung der Bewertung wies das Landgericht Hamburg (Beschluss vom 08.01.2024, Az. 324 O 559/23) zurück. Für die Richter:innen genügten die anonymisierten Nachweise zur Überprüfung der Echtheit der Bewertung aus. 

Kein Anspruch auf Anonymität

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Arbeitgeberin war nun wiederum erfolgreich vor dem OLG Hamburg. Das Gericht stellte fest, dass die Anonymität der Verfassenden aufgehoben werden könne oder bei anhaltenden Zweifeln die Rezension ganz gelöscht werden müsse. So sollen Arbeitgebende den negativen Bewertungen nicht schutzlos ausgeliefert sein und nachprüfen können, ob das Unternehmen wirklich mit den Bewertenden in einer geschäftlichen Beziehung steht oder gestanden hat. Die geforderten Tätigkeitsnachweise von Kununu genügen dem nicht. 

Einen Anspruch auf Anonymität haben die bewertenden Personen aus Datenschutzgründen hingegen nicht. Das Risiko, dass die Anonymität bei einer negativen Bewertung aufgehoben werden könne, trage die betroffene Person selbst.

Da es sich bei der Entscheidung um einen Beschluss im Eilverfahren handelt, ist sie noch nicht rechtskräftig. Kununu hat bereits angekündigt, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen zu wollen. Nina Zimmermann, CEO von Kununu, teilte bereits mit: „Wir halten den Beschluss des OLG HH für abwegig und falsch.“ Das Unternehmen wolle nun das Hauptsacheverfahren abwarten und sieht sich bis dahin nicht dazu verpflichtet, Klarnamen seiner Nutzenden herauszugeben.

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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Kommentare  

#10 Jens 2024-02-23 09:54
# Peter: Der von Dir geschilderte Fall ist kein Einzelfall! Ich war in einer Firma beschäftigt, welche bei Kununu eine durchschnittlic he Bewertung von 2,6/5.0 hatte und dies auch teilweise zu Recht. Nach meinem Ausscheiden wurden plötzlich, innerhalb weniger Wochen, mehr postive Bewertungen abgegeben, als die ganzen Jahre zuvor insgesamt. Die durchschnittlic he Bewertung stieg dadurch von 2,6 auf 4,3. Da ich natürlich noch, teils freundschaftlic hen, Kontakt zu den ehemaligen Kollegen hatte, habe ich nachgefragt, wie das ein kann. Geändert hatte sich an den Verhältnissen in der Firma natürlich nichts, aber jeder Angestellte musste nun eine (positive) Bewertung bei Kununu abgeben. Diese waren auch absurd hoch - im Berteich von 4,8 bis 5,0. Ich habe Kununu deshalb angeschrieben und auf die offensichtliche Manipulation hingewiesen, passiert ist nichts. Ich denke, dieses Szenario ist weit häufiger anzutreffen, als diese einzelnen Bewertungen von ehemaligen Mitarbeitern, ob nun gerechtfertigt, oder nicht. Die Portale graben sich durch ihre Untätigkeit und fehlende Qualitätskontro lle selbst das Wasser ab und werden deshalb bald überflüssig, weil keiner mehr diesen Bewertungen vertraut. Das ist auch bei Amazon so passiert und den einzigen Bewertungen, welchen ich dort noch vertraue, sind die kritischen. Zu leiden haben darunter die ehrlichen Firmen, welche nicht manipulativ sind und natürlich zuletzt auch der Kunde.
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#9 Peter 2024-02-22 07:42
Einige Kommentatoren hier sehen das ganze NUR aus der Sicht der Arbeitgeber. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass unberechtigte Bewertungen online gestellt werden. Finde ich persönlich jedoch das kleinere übel - denn es ist durchaus möglich, auch jetzt schon, dagegen vorzugehen. Oben genannter Fall sind nur Ausnahmen.
Aus Arbeitnehmersic ht ist das Urteil eher mies und könnte sogar dazu beitragen, dass sämtliche (Unternehmens)B ewertungsplattf ormen dichtmachen können, bzw. die Echtheit der Bewertungen genauso angezweifelt werden kann.
Beispiel: Ein ehemaliger Arbeitnhemer von mir verlangte von jedem Neuen (selbst Praktikanten), dass er vor Ort eine positive(!) Bewertung auf Kununu verfasst. Das wurde geprüft.
Dazu wurde jedem Mitarbeiter der das Unternehmen verließ mit auf dem Weg gegeben, dass man vorsichtig sein soll, was man über das Unternehmen berichtet. Jeder negative Kommentar, vor allem auf solchen Bewertungsplatt formen, wird vom Hauseigenen Anwalt verfolgt - Klage garantiert/versprochen.
Bei solchen Drohungen, wer gibt denn noch ehrliche Bewertungen ab?
Anonymisierte Bewertungen sind bei solchen Firmen die einzige Möglichkeit, andere im Vorfeld warenen zu können.
Übrigens: Meine Anonyme Bewertung wurde von Kununu gar nicht online gestellt, da sie es für unrealistisch hielten, dass solche Zustände in irgendeiner Firma vorhanden sind. Dass IHK, Arbeitsamt und Co. diese Missstände kennen und ihr möglichstes tun dagegen vorzugehen (zb. durfte die Firma nicht mehr ausbilden), war Kununu egal. Hier zählte der Schutz der Firma...
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#8 Friedrich 2024-02-21 22:30
Über unser Unternehmen wurden auch von 2 miteinander Verwandten total schlechte Bewertungen abgegeben weil ich sie gekündigt habe, da Sie nicht arbeiten wollten. Ich habe es aber so stehen lassen. Ich habe keine Zeit um Kanunu zu betteln. Es gibt aber die Möglichkeit durch 5 treue Mitarbeiter 5 gute Bewertungen schreiben zu lassen. Dann passt es wieder. Es wird ja von denen nicht geprüft wer bewertet.

Bei EBAY habe ich auch eine Negative Bewertung bei einem 5 Euro Artikel bekommen die absolut nicht stimmt.
Ebay meinte, das muss man halt hinnehmen.
Ja die Welt ist ungerecht siehe die Kriege wo gerechte Menschen sterben müssen. Solche Bewertungen sind dagegen harmlos. Wer kann soll seine Firma einfach schließen.
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#7 Jörg Lindner 2024-02-21 13:01
Klarnamen sollte ein muss sein. Es ist wie immer, egal ob hier oder wo anders oder auch Shop Bewertungen. Es wird wohl 1:10 stehen auf eine Gute Bewertung kommen meist 10 schlechte (wenns reicht). Klar wenn alles gut und schön lauft , warum auch ne gute Bewertung schreiben, aber wehe es läuft nicht so wie man es selber will. Dann ist egal wer Schuld hat, blos nicht selber und man wettert los. Weil schön anonym, wird dann ja gerne übertrieben oder Halbwahrheiten ausgesprochen.
Aber offensichtlich, gehen hier die Kommentare von ner Falschen Annahme aus. Das Urteil sagt nur das der Name der Firma mitgeteilt werden muss oder eben die Bewertung muss entfernt werden. Nix davon das der Name öffentlich im Netz steht. Jede Firma hat das Recht zu erfahren wo die Bewertung her kommt und von wem diese geschrieben wurde. Wenn dies nicht klar ersichtlich ist, sollte es selbstverständl ich sein, diese Info zu erhalten. Ein anonymisierter Leistungsberich t, welcher der Platform zur Verfügung gestellt wurde, ist doch so viel Wert wie ein Leeres Blatt Papier, denn keiner (auch kein Richter) kann ohne Vergleich sicher stellen, dass es sich über ein Leistungsberich t der betroffenen Firma handelt und selbst wenn ein Vergleichsberei cht da wäre, kann es immer noch von einem Bekannten sein und nicht von einem echten Mitarbeiter. Daher hat sich der Richter in der ersten Instanz es sehr leicht gemacht und auch ich wäre dagegen vor gegangen.
Aber ggf. sollten auch Arbeitnehmer mal an die Arbeitgeber denken, denn diese tragen komplett das ganze Risiko, wenn Arbeitnehmer bockmist bauen. Und wenn ich dann Arbeitnehmer sehe welche kurzfristig an nem Freitag Urlaub wollen, dies aber nicht geht und dann plötzlich nur an diesem Freitg 'Krank' sind, kommt mir leider voll das kotzen. Könnte dem Mitarbeiter durchaus ne Fristlose Kündigung einbringen, wenn dies z.B. durch ein Privatdetektiv wiederlegt werden kann (was inzwoschen doch einige Firmen machen).
Daher ist bei uns das Thema Mitarbeiter einstellen abgehackt, lieber weniger Aufträge und dies in der Familie abarbeiten, als sich mit Mitarbeitern rum schlagen. Sicherlich gibt es Mitarbeiter, die eine gesunde Einstellung zum Arbeiten haben, aber dies muss man erst mal finden.
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#6 Ralf-Ternes 2024-02-21 11:16
Die zweite Entscheidung ist korrekt. Bewertungen sollten immer erkenntlich sein, von wem diese kamen, ob positiv oder negativ. Damit hätten Bewertungen wieder eine Bedeutung und wären nicht mehr so wertlos. Und nein, bei berechtigten negativen Bewertungen kann der Arbeitgeber nicht gegen den ehemaligen Arbeitnehmer vorgehen, auch wenn dieser noch im Arbeitsverhältn is wäre. Der Arbeitgeber würde jeden Gerichtsprozess verlieren. Sollte man aber wissen im Zusammenhang mit Bewertungen, denn Klarnamen heben ja das Recht zu und um Bewertungen nicht aus.
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#5 Birgit 2024-02-21 10:32
Wenn rechtlich doch Kununu eben Dokumente anfordert, die Identitä#t beweisen, sollte es doch kein Problem sein. Dise Identität ist doch dann bewiesen. Komisch nur die vielen Positiv Bewertungen die direkt nach einer negativ Bewertung auftaucht. Wäre schön wenn die überprüft werden würden. Behandelt doch eure Mitarbeiter wertschätzend und bezahlt sie vernünftig, dann gibts auch keine negativ Bewertung.
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#4 Daniel Portillo 2024-02-21 09:30
Wenn das Urteil der zweiten Instanz Bestand haben sollte, kann das aber keine Einbahnstraße sein. Dann müssten auch positive Bewertungen die Anonymität verlassen weil diese Jubeltexte oftmals von den HR-Abteilungen stammen oder von den Geschäftsführun gen beauftragt werden. Bitte mehr Gelassenheit. Keiner ist frei von Fehlern und mancher nimmt Grautöne als tiefschwarz wahr. Einigen bietet Champagner köstlichen Hochgenuss - anderen schmeckt er schlicht nur sauer.
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#3 Karl Ranseier 2024-02-21 08:42
lustig, der Richter hat mal wieder nicht verstanden, wie das echte Leben außerhalb des Staatsdienstes funktioniert. Ohne Anonymität ist Kununu tot, wer redet den mit Klarnamen schlecht über Arbeitgeber?

Die Beschreibungen mögen ja hier und da übertrieben sein, aber es gibt ja Gründe, warum sich der ehemalige Mitarbeiter so über die Firma äußert. Seit einfach keine Drecksbude, dann stehen über euch auch keine blöden Sachen im Netz, ist eigentlich recht simpel.

Aber in der heilen Arbeitswelt, wo wir uns alle lieb haben, um bloß nicht als schwierig zu gelten gibt es ja keine Probleme. Jedenfalls nicht solange man mit Klarnamen unterwegs ist.
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#2 Torsten 2024-02-21 08:23
Es wird höchste Zeit dass Bewertungen nur noch mir klarnamen und zugänglicher Adresse veröffentlicht werden dürfen. Überall. Das erhöht unbedingt deren Relevanz. Wer glaubt denn heute noch Bewertungen die Lieschen Müller im Zorn anonym überall abgeben kann.
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#1 Meinhard Reiner 2024-02-21 08:11
Das ist natürlich praktisch für Arbeitgeber und ein absoluter Freifahrtschein seine Mitarbeiter so richtig runterzuwirtsch aften bis zum geht nicht mehr. Selbst bei berechtigten, negativen Bewertungen kann man dann wunderbar gegen den Arbeitnehmer vorgehen, ihn sanktionieren, kündigen wie man lustig ist und ihm den weiteren Lebensweg im ernstfall komplett zerstören. Da kann Kununu gleich dichtmachen. Soviel zu Datenschutz und Arbeitnehmerrec hten.
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