EU-Kommission

Alternative Streitbeilegung: Wird die OS-Plattform abgeschafft?

Veröffentlicht: 01.11.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 01.11.2023
Drei Holzstücke mit geschlossenen Händen drauf

Die alternative Streitbeilegung bezweckte die Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten, die über die Schlichtungsplattform der EU (der sogenannten OS-Plattform) eingereicht werden. Der Schlichterspruch der qualifizierten Juristinnen und Juristen sollte den teuren und langwierigen Weg vor die Gerichte ersparen. Doch leider hat das Verfahren weder bei Unternehmen noch bei der Kundschaft Anklang gefunden. Nun will die EU-Kommission nochmal ran an das Thema.

Alternative Streitbeilegung? Was war das noch gleich?

Verbraucherinnen und Verbraucher scheuen nicht selten den Weg vor Gericht, denn zu klein sind die Beträge und zu groß ist die Angst vor langwierigen und kostenintensiven Gerichtsverfahren. Dadurch werden die Betroffenen aber davon abgehalten, ihre Ansprüche durchzusetzen. Die Lösung sollte eine außergerichtliche, kostengünstige Klärung rechtlichen Streitigkeiten sein. Was der Handel von dieser Idee hatte, war jedoch etwas ganz anderes: Abmahnungen. Grund waren neben jeder Menge Startschwierigkeiten eine Informationspflicht, die seither zu einer der Top-Abmahngründe avancierte. Den Nutzen konnten die vielen daraus resultierenden Abmahnungen keineswegs wettmachen. Daher musste sich die EU dem Thema noch einmal stellen.

Der Wille war da…

Obwohl die OS-Plattform einem Bericht der Kommission aus dem Jahr 2019 zufolge bereits von 8,5 Millionen Menschen besucht wurde, sind die eingereichten Streitfälle mit einer Zahl von 120.000 Vorgängen vergleichsweise gering. Von diesen wurden wiederum nur rund zwei Prozent an eine nationale Schlichtungsstelle zur Bearbeitung gesendet. Mangelndes Bewusstsein und eine allgemeine Zurückhaltung der Händlerinnen und Händler bei Schuld an der schleppenden Teilnahme. Die Kommission hat in einem Bericht aus dem Oktober nun neue Vorschläge für die bislang geltende Streitbeilegung gemacht.

Streitbeilegung 2.0

Nach einer umfangreichen Auswertung des Projekts Alternative Streitbeilegung muss man den Tatsachen offenbar in die Augen sehen. Die Kommission schlägt aufgrund der eingeschränkte Nutzung der OS-Plattform deren Einstellung vor, ohne jedoch weiter auf konkrete Umsetzungsmodalitäten einzugehen. Jedenfalls könnten mit der Abschaffung der ODR-Verordnung auch die bisherigen Informationspflichten entfallen, die bislang lediglich der Abmahnindustrie in die Karten spielten. Stattdessen sollen neue Anlaufstellen ins Boot geholt werden: Online-Marktplätze und Handelsverbände („EU trade associations“) könnten künftig eigene, wirkungsvolle Schlichtungsverfahren anbieten.

Auch das Verfahren selbst soll modernisiert und vereinfacht werden, um die Schlichtung an die „digitalen Märkte“ anzupassen. Hierbei soll zeitgleich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs stattfinden, um beispielsweise Streitigkeiten im Zusammenhang mit irreführender Werbung, dem Zugang zu Diensten und ungerechtfertigtem Geoblocking außergerichtlich beilegen zu können. Wir beobachten, wie es hier weitergeht.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Kommentare  

#1 peter 2023-11-01 14:25
Hallo, Sie meinen also: "Mangelndes Bewusstsein und eine allgemeine Zurückhaltung der Händlerinnen und Händler (seien) Schuld an der schleppenden Teilnahme".
Ich denke es hat vor allem mit den Kosten für die Durchführung eines Streitbeilegung sverfahrens zu tun. Diese können den Streitwert bei weitem übersteigen (z.B. 190,-€ Kosten bei Streitwerten bis 100,-€).
Da wird wohl fast jeder Händler im Streifall nachgeben und dem Käufer das Geld erstatten bevor er einem solchen Streitbeilegung sverfahren zustimmt.
Außerdem sind sich sehr viele Händler "bewusst", dass sie Streitfälle (fast) niemals gewinnen können.
Man spart sich viel Ärger (auch Zeit und Kosten), wenn man dem Kunden einfach Recht gibt, das Geld erstattet und den Schaden abschreibt. Egal wie die Umstände sind.
Peter
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.