Arbeitsrecht

Lügen bei der Arbeit: Was erlaubt ist und was nicht

Veröffentlicht: 29.09.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 29.09.2023
Mann kreuzt Finger hinterm Rücken

Nicht jede Unwahrheit ist juristisch zu beanstanden. Lügen im Job können aber auch weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Besonders in Bewerbungsgesprächen sehen sich die Betroffenen oftmals unter Druck gesetzt, auf alle gestellten Fragen antworten zu müssen. Schließlich möchte man bei einem solchen Gespräch möglichst gut dastehen und nicht einfach „die Aussage verweigern”. Lügen sind hierbei allerdings ein legitimes Mittel. Aber auch im laufenden Arbeitsverhältnis mag die ein oder andere „Notlüge” verlockend erscheinen. Hierbei ist allerdings im Rahmen des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden besondere Vorsicht geboten. 

Im Bewerbungsgespräch

Hier darf gelogen werden

Bei bestimmten Fragen gibt die Rechtsprechung den Bewerber:innen ein Recht zur Lüge. Grund dafür ist der Schutz der Betroffenen vor Ungleichbehandlungen. Bei manchem Arbeitgebenden hält sich noch immer hartnäckig die Auffassung, dass bestimmte Entscheidungen wie die Familienplanung, oder gewisse Eigenschaften wie etwa eine Krankheit, den zukünftigen Arbeitgebenden auch etwas angehen und deshalb Nachfragen zulässig seien. Tatsächlich bewegen Arbeitgebende sich damit jedoch juristisch auf sehr dünnem Eis. 

Schwangerschaft und Familienplanung

Es ist der Klassiker unter den „verbotenen Fragen” beim Einstellungsgespräch: Die Frage nach einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft oder allgemein der Familienplanung. Arbeitgebende wollen damit herausfinden, ob die Kandidatin möglicherweise zeitnah durch Mutterschutz und Elternzeit ausfallen könnte. Doch diese Fragen sind verboten. Frauen müssen darauf gar nicht antworten oder dürfen lügen. Müssten sie wahrheitsgemäß auf diese Fragen antworten, bestünde die Gefahr, dass sie aufgrund einer (bestehenden oder geplanten) Schwangerschaft gar nicht erst eingestellt werden und damit ungleich behandelt werden würden. 

Wird die Frau eingestellt und stellt sich danach heraus, dass sie bewusst gelogen hat, dürfen sich daraus jedoch keine negativen Konsequenzen für sie ergeben. Trotz Lüge hat der Arbeitgebende kein Recht, das Arbeitsverhältnis anzufechten oder zu kündigen. Auch die spätere Familienplanung geht den Arbeitgebenden nichts an und muss von Bewerber:innen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. 

Krankheit oder Behinderung, Religions-, Partei- und Gewerkschaftszugehörigkeit

Die Rechtssprechung gibt den Betroffenen auch bei Krankheit oder Behinderung ein Recht zur Lüge. Auch Fragen nach der Religions- oder Parteizugehörigkeit gehen den Arbeitgebenden nichts an. Fragen dazu sind daher nicht gestattet. Genauso wie eine Gewerkschaftszugehörigkeit sind diese Eigenschaften als Privatsache der Bewerber:innen anzusehen. 

Übrigens: Auch über Vorstrafen und laufende Ermittlungen müssen Bewerber.innen keine Auskunft geben. 

Hier darf nicht gelogen werden

Für die Ausübung der Tätigkeit notwendig

Von der Regel gibt es aber bekanntlich Ausnahmen: Unter bestimmten Voraussetzungen müssen Bewerber:innen sehr wohl wahrheitsgemäß auf bestimmte Fragen der oben genannten Eigenschaften antworten. Nämlich dann, wenn der jeweilige Umstand die Ausübung der angestrebten Tätigkeit nicht möglich macht. Beispielsweise in medizinischen Berufen kann es von Bedeutung sein, wenn Bewerber:innen HIV-positiv sind. Anders sieht es auch dann bei Fragen zu Vorstrafen oder laufenden Ermittlungen aus, wenn z.B. ein angehender Busfahrer wegen eines Straßenverkehrsdelikt vorbestraft ist oder gegen ihn deswegen ermittelt wird. 

Erlaubte Fragen

Bei Fragen zum beruflichen Werdegang, zum Abschluss oder Zeugnissen darf nicht gelogen werden. Diese Punkte sind schließlich nachweislich für eine entsprechende Qualifikation entscheidend und würden wiederum den Arbeitgebenden bei einer Täuschung benachteiligen, weshalb dieser das Arbeitsverhältnis in solchen Fällen wegen arglistiger Täuschung anfechten kann – und das bis zu einem Jahr nach Aufdeckung der Täuschung. 

Fragen an Arbeitnehmende

Aufgabenerfüllung

Im laufenden Arbeitsverhältnis steht das Vertrauen zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden an oberster Stelle – und das sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Dem Vertrauensverhältnis nicht gerade zuträglich sind dabei natürlich Unwahrheiten über die Erfüllung der Aufgaben.

Zwar mag ein „Ist erledigt!” auf die Frage des Arbeitgebenden nach der Ausführung einer Arbeitsaufgabe schnell daher gesagt sein und erst einmal belanglos erscheinen. Doch diese Aussage kann schwerwiegende Folgen für den Arbeitnehmenden haben. Sicher kommt es dabei auch auf die Art und Relevanz der Aufgabe an, über die gelogen wird oder auch wie häufig diese Lüge benutzt wird. Dennoch kann das eine ordentliche Kündigung und bei schweren Verstößen sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. 

Urlaub trotz Krankschreibung

Ein wirklich schwerwiegender Vertrauensbruch stellt das Vortäuschen einer Krankheit dar, obwohl sich der Arbeitnehmende im Urlaub befindet. Manch einer scheint trotz der dreisten Lüge auch nicht davor zurückzuschrecken selbst die Beweise dafür zu liefern und Urlaubsfotos in den Sozialen Medien zu posten. 

Wie auch die jüngste Rechtsprechung gezeigt hat, kommt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein hoher Beweiswert zu, welcher nicht so leicht erschüttert werden kann. Ein bloßer Verdacht des Arbeitgebenden reicht dabei nicht aus. Liefert ein Arbeitnehmender aber selbst die Beweise, wird es wohl keine Zweifel mehr an dieser Lüge geben. Die Folge wird eine Kündigung des Arbeitnehmenden sein. 

Mögliche Konsequenzen

Lügen im Job können verschiedene Konsequenzen für Arbeitnehmende haben. Erlaubte Unwahrheiten werden folgenlos bleiben. Wird über Fakten gelogen, die sehr wohl relevant für ein sich anbahnendes oder bestehendes Arbeitsverhältnis sind, können die Konsequenzen weitreichend sein. 

Dabei spielt auch eine Rolle, über welche Fakten gelogen wird und wie relevant die unwahren Angaben für das Arbeitsverhältnis sind. Zunächst kann durch den Arbeitgebenden bei „kleineren Vergehen” eine Abmahnung ausgesprochen werden und dem Arbeitnehmenden damit eine gewisse „Schonfrist” gewährt werden. Wie bereits erläutert, kann es bei Unwahrheiten über zentrale Fragen im Einstellungsprozess auch zu einer Anfechtung des Arbeitsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung kommen. Im schlimmsten Falle droht dem Arbeitnehmenden aber eine ordentliche oder sogar außerordentliche Kündigung und damit der Verlust seines Arbeitsverhältnisses. 

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Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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