Dreist oder berechtigt

Kundin will Kaufpreis mit Versandkosten ersetzt haben

Veröffentlicht: 08.12.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 08.12.2023
Goldmünzen fliegen von Hand zu Hand
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

Es geht wieder um einen Fall aus dem Gewährleistungsrecht: Eine Kundin bestellt bei einem Händler eine Bohrmaschine. Schon nach kurzer Zeit hat sie einen Defekt, der das Gerät nicht nutzbar macht. Sie meldet den Mangel umgehend beim Händler. Dieser räumt den Mangel sofort ein und informiert die Kundin, dass es bei diesem Modell das Problem schon häufiger gab und es sich klar um einen Mangel handle. Eine Reparatur sei nicht und eine Neulieferung erst in einiger Zeit möglich, da es aktuell Lieferschwierigkeiten bei dem Herstellerunternehmen gebe. Er bietet ihr daher direkt die Rückzahlung an. Diese schnelle Lösung nimmt die Kundin dankend an. Kurze Zeit später stellt sie aber fest, dass ihr lediglich der Kaufpreis erstattet wurde. Die Versandkosten in Höhe von 4,99 Euro behielt der Händler ein. Sie wendet sich nun an den Händler und will die Versandkosten erstattet haben. Zu Recht?

Grundsatz: Pflichten der Verkäuferschaft beim Sachmangel

Sachmängel können die Kauffreude schnell trüben. Allerdings ist das Gesetz hier recht eindeutig: Tritt ein Sachmangel auf, hat die Verkäuferpartei schlicht nicht ihre Pflicht aus dem Kaufvertrag erfüllt. Denn: Mit dem Kaufvertrag hat sich die Partei zur Übergabe einer mangelfreien Sache verpflichtet. Entsprechend ist es nachvollziehbar, dass Verkäufer:innen für Sachmängel haften. Aber: Was bedeutet Haftung? Haftung bedeutet in vielen Fällen, dass die Kundschaft so gestellt wird, als hätte es den Sachmangel nicht gegeben. Das heißt also, dass sie im Idealfall nach der Abwicklung des Gewährleistungsfalls ein mangelfreies Produkt in den Händen hält. Allerdings können verschiedene Gründe dazu führen, dass es eben nicht zu einer Neulieferung oder Reparatur kommt. Verweigert die Verkaufspartei die Nacherfüllung, so kann die Kundschaft beispielsweise zurücktreten. In diesem Fall wird der Vertrag rückabgewickelt, was eben auch bedeutet, dass neben dem Kaufpreis auch die Versandkosten zurückerstattet werden müssen.

Fazit: Kundin darf Versandkosten zurückfordern

Für unseren Fall ergibt sich also eine einfache Lösung: Der Händler hat den Mangel eingeräumt, die beiden haben sich auf einen Rücktritt verständigt. Anders kann man das Angebot des Händlers schwer werten. Entsprechend darf die Kundin die Versandkosten zurückfordern. Streng genommen dürfte sie den Händler sogar dazu auffordern, das defekte Gerät zurückzunehmen. Ihre Forderung ist damit berechtigt. Sie sollte sich am besten mit dem Händler in Verbindung setzen. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#5 Melanie 2023-12-17 14:49
Markus Bonkhof, wenn du das so siehst, müsste sie vom Versandhandel aber zusätzlich zu den Versandkosten auch die Fahrtkosten zur Post erstattet bekommen.
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#4 Andreas Seng 2023-12-16 11:15
Ich glaube der Vergleich hinkt doch etwas.
Schließlich hat der Verkäufer ja in seinem Shop die Portokosten auch entsprechend verlangt.
In einem Ladengeschäft wird zum Glück noch kein Eintritt genommen, den ich dann evtl. zurückfordern kann.
Ich kann ja auch telefonisch reklamieren und bekomme das Geld überwiesen.
So brauche ich auch nicht mehr in den Laden gehen.
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#3 H.K. 2023-12-16 09:32
Das ist eine durchaus berechtigte Frage, Herr Bonkhoff.
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#2 Sven 2023-12-16 08:05
Man sollte in allen Fällen immer zwischen Produkten und dem Lieferweg unterscheiden. Wenn etwas kaputt geht dann sollte man den Artikel ersetzen oder das Geld zurück zahlen. Der Kunde hat sich jedoch Bewusst dafür entschieden online zu kaufen. Wenn etwas schief geht sind die Versandgebühren halt futsch.

Das deutsche Recht ist hier einfach viel zu großzügig...
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#1 Markus Bonkhoff 2023-12-11 08:31
...bei dieser Darstellung der Sachmängelhaftu ng stellt sich mir die Frage, ob ein Käufer bei gleichartigem Produktmangel im stationären Handel dort auch die Fahrtaufwendung en geltend machen kann. Sowohl für den ursprünglichen Kauf als auch für die Fahrt zur Rückgabe des Artikels. Dies wäre die konsequente Gleichbehandlun g beider Fälle.
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