Dreist oder berechtigt?

Kundin bestellt Ski-Anzug und will Gürtel vom Foto mit dazu haben

Veröffentlicht: 15.02.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 15.02.2024
Panoramaaufnahme eines Skifahrers
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

 

In dieser Woche geht es um Produktfotos: Eine Kundin findet in einem Online-Shop einen Skianzug. Dieser ist auf den Produktfotos mit einem Gürtel abgebildet. Sie bestellt das Kleidungsstück und ist dann verwundert, dass der Gürtel fehlt. Die Nachfrage bei dem Händler ergibt, dass der Gürtel gar nicht mit vom Lieferumfang erfasst ist. Immerhin ist er in der Produktbeschreibung und beim Lieferumfang auch gar nicht erwähnt. Die Kundin will sich damit nicht zufriedengeben und besteht auf die Lieferung des Gürtels. Alternativ will sie einen Teil der Kaufpreises zurück. Zu Recht?

Grundsatz: Produktfotos sind verbindlich

Wie genau sind aber Produktfotos zu bewerten? Immerhin sollen sie die Kundschaft zum Kauf animieren und daher möglichst attraktiv wirken. Dabei kann es nicht schaden, auch Zubehör und Accessoires mit abzubilden, damit die Kundschaft einen Eindruck von den EInsatzmöglichkeiten bekommt. Oder schadet es etwa doch? Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 12. Januar 2011, Az.: VIII ZR 346/09) entschied einst, dass Produktfotos als Teil der Produktbeschreibung ebenso verbindlich sein können, wie die Beschreibung selbst. Man muss also genau schauen, wie Beschreibung und Bild zusammenwirken, um zu ermitteln, was nun genau in dem Kaufvertrag vereinbart wurde. Ist auf dem Produktfoto Zubehör abgebildet, welches nicht in der Produktbeschreibung auftaucht, darf die Kundschaft davon ausgehen, dass dieses mit vom Lieferumfang umfasst ist. Das hatte jedenfalls der BGH entschieden. Wird das Zubehör nicht mitgeliefert, handelt es sich um einen Sachmangel.

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Fazit: Gürtel muss nachgeliefert werden

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Die Kundin durfte hier tatsächlich davon ausgehen, dass der Gürtel mit vom Lieferumfang erfasst ist. Dass er beim Lieferumfang nicht expliziet aufgeführt wurde, schadet laut dem Urteil des BGHs nicht. Entsprechend hat sie im Rahmen des Gewährleistungsrechts Anspruch auf die Nachlieferung. Sie darf das Produkt aber auch so behalten und den Preis mindern. Hier kommt es unterm Strich darauf an, wie sie sich mit dem Händler einigt. Ihre Forderung ist also berechtigt,

Praxistipp: Mit den richtigen Produktfotos Abmahnungen vermeiden

Wer Zubehör auf den Produktfotos mit abbilden will, sollte also die Produktbeschreibung entsprechend klar gestalten und konkret darauf hinweisen, dass Zubehör nur schmückendes Beiwerk ist. Dabei darf aber folgendes nicht vergessen werden: Produktfotos, die den Lieferumfang nicht korrekt wiedergeben, können nicht nur zu Missverständnissen mit der Kundschaft führen, sondern auch zur Abmahnung. In einer Grundsatzentscheidung hatte das OLG Hamm (Urteil v. 04.08.2015 – Az.: 1-4 U 66/15) entschieden, dass Händler:innen wegen Irreführung abgemahnt werden können, wenn das Produktfoto nicht den tatsächlichen Lieferumfang wiedergibt. Das betrifft gerade Fotos, auf denen Zubehör abgebildet ist, da die Kundschaft hier eben nicht unterscheiden kann, ob es sich nur um schmückendes Beiwerk handelt. Ein klärender Hinweis in der Produktbeschreibung hilft dabei in der Regel nicht, um einer Abmahnung zu entgehen: Das Produktfoto wird oft vor der eigentlichen Beschreibung angezeigt. Muss die Kundschaft erst auf das Angebot klicken, um über den korrekten Lieferumfang informiert zu werden, besteht hier bereits - zumindest in der Theorie - ein Wettbewerbsvorteil. Immerhin hat sich die Kundschaft nun bereits mit dem konkreten Angebot beschäftigt. 

Lass Abmahner abblitzen

Von allen Unternehmern gefürchtet: Post vom Abmahnanwalt. Abmahnungen gehören leider zum E-Commerce-Alltag. Sie sind nicht nur kostspielig, sie rauben auch Zeit und Nerven. Und wenn man nicht aufpasst, können sich durch ungeprüft abgegebene Unterlassungserklärungen unangenehme rechtliche Folgen entwickeln wie z. B. horrende Vertragsstrafen. Der Händlerbund Abmahnschutz beugt Abmahnungen vor und schützt dich im Abmahnfall, damit du dich aufs Wesentliche konzentrieren kannst — dein Business.

 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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