Wir wurden gefragt

Steuern, Zölle, Einfuhrabgaben: Kommt Temu seinen Pflichten nach?

Veröffentlicht: 13.02.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 20.02.2024
Temu-Logo auf einem Smartphone-Bildschirm

Derzeit haben viele Händler:innen mit Amazon zu kämpfen und müssen dem Marktplatz ihre Steuertreue nachweisen (wir berichteten). Temu kann bei einem Verkauf an deutsche Endkund:innen dagegen ungehindert schalten und walten, so die Meinung vieler. Wir wurden gefragt, ob der Shop eigentlich hierzulande ebenfalls zur Zahlung von Steuern verpflichtet sei, und noch viel wichtiger: Kommt Temu dieser Steuerpflicht auch nach? Außerdem kam eine Frage auf, die die zahlreichen überzeugten Besteller:innen interessiert: Wie steht es um Zölle?

Muss Temu in Europa/Deutschland eigentlich Steuern zahlen?

Laut Impressum auf der Temu-Webseite hat das Unternehmen seinen Sitz in Dublin. Und wie jedes andere Unternehmen auch hat Temu daher in der EU seine Steuern zu bezahlen. Hierfür gibt Temu eine Umsatzsteuer-ID mit der Kennung IE4096471TH an. Über den sogenannten Import-One-Stop-Shop (IOSS) registrieren sich Unternehmen mit Sitz in der EU wie Temu oder Shein, die Ware aus einem Drittland (z. B. China) beziehen und per Dropshipping direkt an die Endkundschaft verschicken. Darüber ist die Steuer schon beim Kauf automatisch im Rechnungsbetrag enthalten.

Temu müsste die anfallenden Umsatzsteuern nun in Irland anmelden und an die irische Steuerbehörde abführen, von wo sie dann an die betreffenden EU-Staaten weiter verteilt werden, in denen die Umsätze generiert werden. Das, so zitiert die Tagesschau Florian Köbler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, sei jedoch nicht der Fall. Zwischen den EU-Staaten finde kein praktikabler Datenaustausch statt. Laut Köbler würden dem deutschen Staat wegen mangelnder Vernetzung der EU-Staaten dreistellige Millionenbeträge entgehen. Temu selbst hat sich auf unsere Nachfrage nicht geäußert.

Wem obliegt die Zahlung der Zölle und Einfuhrabgaben bei Temu-Bestellungen?

Wir wurden gefragt, ob Temu außerdem die Zölle und sonstigen Abgaben übernehmen, oder zumindest auf deren konkrete Höhe hinweisen muss. Eine gesetzliche Pflicht für Temu, seine Besteller darauf hinzuweisen, besteht nicht. Ohnehin dürfte das nur ein theoretisches Problem sein.

Für Temu-Bestellungen muss aufgrund der geringen Artikel-Preise in vielen Fällen überhaupt kein Zoll gezahlt werden, denn die Zollfreigrenze liegt bei einem Sachwert von 150 Euro. Diese dürfte bei einem Temu-Kauf nur sehr schwer erreicht werden. Doch selbst das lässt sich im Ernstfall spielend umgehen, denn dann werden die Sendungen schlicht und einfach in zwei oder mehr Pakete aufgeteilt. Das kann Steuerbetrug sein, wenn ein Geschäftsmodell dahinter steckt. Die Behörden sind aufgrund der Menge der Pakete und einem Mangel an Personal jedoch weitestgehend machtlos dagegen. Ob die diskutierte Zollreform Abhilfe bringt, oder neue Schlupflöcher eröffnet, bleibt abzuwarten.

Einfuhrabgaben wie Einfuhrumsatzsteuern (entspricht der Mehrwertsteuer und beträgt sieben oder 19 Prozent) oder Verbrauchsteuern (z. B. auf Waren wie Parfum) fallen bei Bestellungen über Temu keine an, denn über das Import-One-Stop-Shop (IOSS) ist Temu in der EU registriert und die anfallende Mehrwertsteuer werden theoretisch bereits direkt beim Kauf erhoben und abgeführt (s. o.).

Update vom 20.02.2024

Temu bestätigte uns gestern dieses Vorgehen. Wenn ein Käufer einen Kauf auf Temu tätigt, werde die Mehrwertsteuer im Voraus an der Kasse erhoben. So würde dieser den vollen Preis des Artikels, einschließlich der Mehrwertsteuer, während der Transaktion bezahlen. „Bei Transaktionen, die unter die Import One-Stop Shop (IOSS)-Regelung fallen, führt Temu die erhobene Mehrwertsteuer direkt an die irische Steuerbehörde ab, die sie dann an die jeweiligen EU-Mitgliedstaaten, einschließlich Deutschland, weiterleitet.“

In Fällen, in denen das IOSS nicht gilt, erhebt Temu die Mehrwertsteuer weiterhin zum Zeitpunkt des Kaufs, heißt es dazu von Temu. „Wenn die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr fällig ist, zahlt der Zollagent sie zunächst im Namen des Käufers. Temu gleicht diese Zahlung dann mit dem Zollagenten ab, da die Mehrwertsteuer bereits an der Kasse vom Käufer eingezogen wurde. Unabhängig davon, ob das IOSS-System genutzt wird oder nicht, zahlt der Käufer also die erforderliche Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt des Kaufs, und es werden keine zusätzlichen Steuerzahlungen nach dem Verkauf von ihm verlangt.“

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Kommentare  

#2 OS 2024-02-17 09:52
sehe das ebenso wie O.T. da wird Geld gescheffelt und wie bekommen immer mehr aufgebrummt und immer neue Vorschriften auferlegt.
Als Händler in Deutschland zu verkaufen lohnt kaum noch bei dem Aufwand den man betreiben muss.
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#1 O.T. 2024-02-15 10:02
die nächste Krake aus dem (Nicht-EU-) Ausland, die kräftig Geld verdient und keine Abgaben zahlt. Aber der kleine Shop mit ein paar tausend Euro Umsatz, der blecht!
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