Themenreihe Logistik

International verkaufen: Ein Leitfaden für den grenzüberschreitenden Online-Handel

Veröffentlicht: 27.03.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 27.03.2024
Weltkugel mit Paketen umherfliegen

Dieser Artikel ist Teil unserer Logistik-Themenreihe. In verschiedenen Beiträgen stellen wir zentrale Schwerpunkte wie Hürden innerhalb der Lieferketten, moderne Arbeitszeitmodelle in der Branche, Potenziale künstlicher Intelligenz, rechtliche Absicherung beim Versand oder die Optimierungen von Verpackungen in den Fokus.

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Online-Shopping ist ein fester Bestandteil unseres Lebens und auch die Bestellung im letzten Winkel der Welt, bequem von der heimischen Couch aus, ist längst kein Hemmnis mehr. Schneller Versand und sichere Zahlungsarten machen es möglich und minimieren dabei die größten Risiken für die Kundschaft. Für EU-Bürger:innen ist besonders der Online-Einkauf in Deutschland attraktiv, da keine Zollgebühren anfallen und die Verbraucherschutzrechte in der gesamten EU ähnlich sind. Warum also nicht neue Zielgruppen erschließen?

Mit einer gut aufgestellten Logistik und einem ordentlichen Cross-Border-Shipping-Konzept ist schon die halbe Arbeit getan und Shops können recht schnell das volle Potenzial eines grenzüberschreitenden Versands nutzen. Mit den nachfolgenden praktischen Ratschlägen, Insider-Wissen und Strategien kann man das eigene Unternehmen auf die internationale Bühne bringen.

So sieht der internationale Online-Shop aus

Lieferländer festlegen

Ob „nur“ ins Nachbarland Österreich oder gleich nach Australien. Im Zuge der Globalisierung sind dem eigenen Ehrgeiz keine Grenzen gesetzt. Je nach Naturell kann mit einer umfassenden Marktanalyse losgelegt oder einfach nach dem Prinzip „Versuch macht klug“ gestartet werden. 

Die passenden Logistikunternehmen finden

Steht die neue Zielgruppe fest, muss die Ware auch an den Zielort gelangen – und das möglichst schnell, kostengünstig und sicher. Nun hat jedes Unternehmen die Qual der Wahl aus diversen Anbietern, Vertragsmodellen und Tarifen. Außerdem muss man sich bei der Wahl des richtigen Logistikers sicher sein, dass dieser vertrauenswürdig und zuverlässig arbeitet. Bei einer Bestellung trägt das Transportrisiko das versendende Unternehmen, bis die Ware unversehrt ankommt. Das heißt, beim internationalen Versand muss im Zweifel bis in den letzten Winkel der Welt das Risiko eines Verlustes oder der Beschädigung getragen werden. Hier kann man über eine spezielle Transportversicherung nachdenken.

Nicht zu vernachlässigen sind auch die Vorlieben der Zielgruppe. Wie hierzulande auch gibt es Transportunternehmen, von denen Kund:innen wegen ihrer Unzuverlässigkeit einfach nicht gerne beliefert werden. Ein durchdachtes Konzept könnte nicht nur die Conversion-Rate verbessern, sondern auch die Profitmarge erhöhen.

Für die Umsetzung im Shop muss nun auch dort nach außen hin genau definiert werden, welche Länder beliefert werden sollen. Das kann über eine spezielle Schaltfläche passieren, die mit „Zahlung und Versand“ oder ähnlich eindeutiger Formulierung beschriftet ist oder über eine Ergänzung der AGB. Wichtig ist, dass dort alle belieferten Länder aufgelistet werden oder zumindest objektiv für die Kaufinteressent:innen bestimmbar sind. Ein Hinweis auf eine Lieferung „nur innerhalb der EU“ ist ebenfalls denkbar. Auf den internationalen Marktplätzen sind es die jeweiligen Versandformulare, die auszufüllen sind.

Diese Festlegung muss sich dann auch im Check-out wiederfinden. Zu denken ist also an den roten Faden. Nichts ist für die Kundschaft unbefriedigender – und für die Konkurrenz befriedigender – als wenn an verschiedenen Stellen im Shop verschiedene Lieferländer auftauchen.

Hinweis auf anfallende Versandkosten

Hat man sich entschieden, welche Länder beliefert werden sollen, werden im nächsten Schritt die anfallenden Kosten für den Versand ausgehandelt, kalkuliert und im Shop angegeben. Online-Shops sind sogar gesetzlich verpflichtet, sämtliche Transportkosten in alle von ihnen belieferten Ländern anzugeben. Dies dient nicht nur der Information und damit einem umfassenden Kundenservice, sondern auch dazu, die gesetzlichen Informationspflichten umzusetzen. 

Zwar müssen die Versandkosten nur angegeben werden, wenn sie „vernünftigerweise“ im Voraus berechenbar sind. Zumindest für das europäische Ausland ist jedoch die Pflicht zur Information durch Gerichte statuiert worden: Versandkosten nur auf Anfrage zu benennen, ist für die EU unrechtmäßig. Und auch außerhalb der EU hat diese Information einen enormen Mehrwert, denn die Kundschaft will schnell und bequem bestellen – und nicht erst auf eine holprig übersetzte Antwort warten oder beim Check-out mit einer horrenden Summe überrascht werden.

Liefertermin

Im Online-Handel besteht außerdem die gesetzliche Pflicht, einen Liefertermin für die angebotenen Produkte zu nennen. Lieferzeiten müssen auch für das Ausland möglichst exakt angegeben werden. Dabei darf die Kundschaft jedoch weder durch zu lange Lieferzeiten abgeschreckt noch durch falsche Versprechungen zum Kauf animiert werden. 

Zahlungsarten angeben

Ähnlich wie mit den Versandkosten muss mit den Zahlungsarten verfahren werden. Dabei spielen auch die Vorlieben der Zielgruppe eine Rolle. Wer beim innerdeutschen Versand mit Vorkasse per Überweisung, PayPal und Rechnungskauf sehr weit kommt, stößt im Ausland möglicherweise auf ungläubige Blicke. So schwört man im Vereinigten Königreich auf die Zahlung per Visa oder Mastercard und die dänische Bevölkerung nutzt gerne „MobilePay“. Erkundigen Sie sich, ob spezielle Klauseln, z. B. in den AGB oder der Datenschutzerklärung, notwendig sind, die die genaue Funktionsweise erklären oder über eine Bonitätsprüfung informieren.

Zölle und Ausfuhr: Der grenzenlose Versand kann starten

Geht es um den Versand über die EU-Grenzen hinweg, ist die Beschäftigung mit dem Thema Zölle, Ausfuhrbestimmungen und Steuerfragen einer der Hauptgründe dafür, dass der weltweite Versand wieder ad acta gelegt wird. Dabei gibt es zumindest in einigen dieser Bereiche überhaupt keine Probleme für die Exporteur:innen. 

Zölle und Abgaben: Kein Buch mit sieben Siegeln

Trotz Barrieren kaufen immer mehr Menschen in ausländischen Online-Shops ein. Online-Händler:innen sind sich jedoch immer noch unsicher, wenn es um die rechtliche Komponente geht. Muss neben den Versandkosten auch über Zölle und Steuern oder sonstige Kosten informiert werden? Nein. Eine explizite Pflicht zum Hinweis auf anfallende Steuern und Gebühren bei einem Versand ins Nicht-EU-Ausland gibt es nicht. Konkret anfallende Zölle, Steuern oder Gebühren sind der Kundschaft vor Abgabe der Bestellung daher nicht (zwingend) mitzuteilen. Ein Hinweis, dass bei Lieferung ins Nicht-EU-Ausland weitere Zölle, Steuern oder Gebühren an die dort zuständigen Zoll- bzw. Steuerbehörden zu zahlen sein können, ist freiwillig möglich.

Möglich ist folgende Formulierung: „Sofern die Lieferung in das Nicht-EU-Ausland erfolgt, können weitere Zölle, Steuern oder Gebühren vom Kunden zu zahlen sein, jedoch nicht an den Anbieter, sondern an die dort zuständigen Zoll- bzw. Steuerbehörden. Dem Kunden wird empfohlen, die Einzelheiten vor der Bestellung bei den Zoll- bzw. Steuerbehörden zu erfragen.“

Steuerliche Registrierung im Ausland

Abschreckend für einen internationalen Handel ist für viele die Auseinandersetzung mit Steuerfragen. Kommt man schon in Deutschland mit den vielen anspruchsvollen Regelungen an seine Grenzen, ist die Lust auf internationale Steuerfragen nicht besonders groß. Die Regel besagt, dass die Umsatzsteuer in dem Land entrichtet werden muss, in dem der Endkunde die Ware erhält. Um diesen Prozess zu vereinfachen, wurde der One-Stop-Shop (OSS) eingeführt, über den Online-Händler:innen ihre Umsätze aus grenzüberschreitenden B2C-Lieferungen zentral im eigenen Sitzland melden können. Bei Nutzung des OSS entfällt dann die lokale Registrierungs- und Meldepflicht in den einzelnen EU-Staaten. 

Für Unternehmen beginnt die Pflicht zur Registrierung für die Umsatzsteuer, sobald ihre Verkäufe einen bestimmten Grenzbetrag überschreiten. Seit dem 1. Juli 2021 wird dieser Grenzwert in der gesamten EU einheitlich mit 10.000 Euro festgesetzt. Das bedeutet konkret, dass Online-Händler:in A im Bestimmungsland B steuerpflichtig wird, sobald die Schwelle von Lieferungen in der Summe von 10.000 Euro in Land B überschritten wird. 

Dropshipping

Bei einem Versand über Ländergrenzen oder gar ganze Kontinente hinweg ist auch an das Dropshipping zu denken. Bei dieser Form des Handelsgeschäfts hat das Unternehmen die Ware selbst nie in den Händen, kann also weder die Qualität des Produkts prüfen noch weiß es genau, ob das Richtige verschickt wird. Die neu gewonnene Flexibilität erkauft man sich also im Zweifel mit einer Einbuße an Kontrolle.

Denn: Der verkaufende Shop ist der Inverkehrbringer der Ware und haftet für eventuelle Schäden. Dropshipping sollte also nur zusammen mit Unternehmen betrieben werden, die absolut zuverlässig sind und die Prozesse im Vorfeld abstimmen.

Umweltgesetze im Zielland

Unternehmen, die Versandkartons und andere Verpackungen an Endnutzer:innen versenden, unterliegen in Deutschland den Bestimmungen des Verpackungsgesetzes. In anderen Ländern gelten vergleichbare nationale Regelungen zum Umgang und zur Wiederverwertung von Abfall. Grund ist, dass der Verpackungsabfall bei grenzüberschreitendem Handel nicht mehr in Deutschland anfällt, sondern eben in dem Zielland. Derlei Bedenken wurden jedoch von zahlreichen Dienstleistungs-Unternehmen aufgegriffen. Diese übernehmen die Registrierung in den gewünschten Ländern für international tätige Online-Shops nur allzu gerne.

Retourenmanagement

Ein immer wieder vorgebrachtes Argument gegen den internationalen Versand ist das Retourenmanagement. Schon auf nationaler Ebene ist die Handhabung von Retouren schwierig und birgt viel Streitpotenzial. Weil durch Retouren vermeintlich hohe Portokosten und enormer Aufwand auf Unternehmen zukommen, verzichten viele lieber gänzlich auf die Internationalisierung. Dabei ist die ausländische Kundschaft gar nicht das Problem, sondern unsere eigenen Landsleute. Im internationalen Vergleich steht Deutschland in Sachen Rücksendequote mit auf den obersten Plätzen. Und auch die Retouren aus dem Ausland verursachen ansonsten keinen größeren Aufwand als andere. Zumindest ist der Kostenfaktor kein Argument. Seit vielen Jahren sieht das Gesetz vor, dass man der Kundschaft die Kosten für die Retoure auferlegen kann. Auch andere Gründe für eine Rücksendung, beispielsweise aus einem Gewährleistungsfall, lassen sich solide lösen. Hier können Retouren beispielsweise über nationale Retourenadressen abgewickelt werden.

Fazit und Praxistipp

Der grenzüberschreitende Versand bietet E-Commerce-Unternehmen aus Deutschland erhebliche Wachstums- und Expansionsmöglichkeiten. In einer immer stärker vernetzten Weltwirtschaft kann die Ausweitung des Geschäfts auf internationale Märkte zu einem wesentlichen Wettbewerbsvorteil führen. Zwar stehen Online-Händler:innen bei der Internationalisierung ihres Geschäfts vor verschiedenen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf rechtliche Bedenken und Zollfragen, doch mit der richtigen Expertise an der Seite können diese bewältigt werden.

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Rechtliche Unstimmigkeiten auf der Website oder im Online-Shop nach der Internationalisierung erkennen und beheben? Kein Problem mit dem Legal Check, der automatisierten Rechtsprüfungslösung vom Händlerbund. Das Tool überprüft Webseiten und Online-Shops automatisch auf rechtliche Konformität. Legal Check Lite erkennt die technische Verfügbarkeit und Sicherheit der Website sowie Pflichtangaben wie Impressum, AGB, Widerrufsbelehrung, Datenschutzerklärung und Co.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Kommentare  

#1 carsten berger 2024-04-01 13:33
Guten Tag Frau Bachmann,
International verkaufen: Ein Leitfaden für den grenzüberschrei tenden Online-Handel,
mir fehlen in ihren leitfaden eindeutig infos zur Bestimmungen des Verpackungsgese tzes in anderen Ländern.
Frankreich ist zumbeispiel ein buch mit 7 Ziegln. ich verkaufe alla 2-3 Jahre ein teil nach Frankreich, da lohnt sich der registrierung wohl kaum, muss ich Frankreich als lieferland ausschließen?
hier etwas tiffer zu graben würde sich bestimmt für viele Händler lohnen,
mit freundlichen grüßen,
carsten berger
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