Der Lebensmittelhandel im Wandel: Wer kann Amazon gefährlich werden?

Veröffentlicht: 25.07.2017 | Geschrieben von: Corinna Flemming | Letzte Aktualisierung: 25.07.2017

Die Lebensmittelbranche muss sich weiterentwickeln. Besonders der Start von Amazon Fresh hierzulande macht deutlich, dass sich stationäre Händler etwas einfallen lassen müssen, um die Kunden nicht an den großen Versandriesen zu verlieren. Doch nicht alle Projekte scheinen zu funktionieren.

Tüte mit frischen Lebensmitteln
© KucherAV / shutterstock.com

Amazon Fresh hat seit letzter Woche sein Liefergebiet hierzulande ausgebaut und ist neben Berlin und Potsdam nun auch in Hamburg verfügbar. Weitere Städte werden in naher Zukunft sicherlich folgen. Eine gute Gelegenheit, auf die Lebensmittelbranche zu schauen und sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie die stationären Geschäfte versuchen, sich gegen den großen Konkurrenten aus den USA durchzusetzen und was davon als erfolgsversprechend verbucht werden kann.

Bringmeister geht mit gutem Beispiel voran

Als einer der größten potenziellen Konkurrenten von Amazon Fresh hierzulande lässt sich sicherlich Bringmeister zählen. Der Lebensmittel-Lieferdienst bietet seinen Kunden aktuell rund 13.000 Artikel an und hat im Mai sein Sortiment zusätzlich um die Edeka-Produkte erweitert (wir berichteten). Mithilfe von Kühlfahrzeugen werden die Produkte in einem Zeitfenster von zwei Stunden nach Hause geliefert. Im Gegensatz zu Amazon Fresh benötigt man bei Bringmeister keine zusätzliche kostenpflichtige Mitgliedschaft (nur Amazon-Prime-Mitglieder können bei Amazon Fresh bestellen). Allerdings ist das Sortiment im Vergleich zu Amazons rund 300.000 Artikeln auch deutlich kleiner.

Selbstabholer-Boxen finden noch kaum Interesse

Rewe und Kaufland haben sich besonders mit dem Konzept von Pick-Up-Boxen auseinander gesetzt. Das Kunden online einkaufen und die Produkte dann an strategisch platzierten Orten abholen, scheint hierzulande allerdings noch nicht so gut anzukommen. Erst Anfang des Jahres hat Rewe seinen Abholservice auf verschiedene Städte ausgeweitet. Dazu hieß es noch im Januar in einem Statement gegenüber dem Supermarktblog: „Wir haben uns zuletzt stark auf den Lieferservice konzentriert, wollen jetzt aber mit den Abholservice-Stationen noch mal einen neuen Anlauf nehmen und den Service in den kommenden Wochen über das ganze Land verteilt an weiteren Standorten etablieren“, so Rewe-Digital-Geschäftsführer Johannes Steegmann. Nun scheint man sich aber wieder verstärkt dem Lieferdienst zu widmen. Erst kürzlich hat man ausgewählten Kunden eine Liefer-Flatrate angeboten.

Kaufland hingegen rudert mit seinen Abholservice schon wieder etwas zurück und verkürzt die möglichen Abholzeiten. Wie es auf dem Supermarktblog heißt, wurden die Zeitfenster in einer Abholstation in Berlin nun wieder reduziert. Statt der ursprünglichen Zwei-Stunden-Zeitfenster, die von 7 Uhr bis 24 Uhr zur Auswahl standen, bietet der Supermarkt wochentags den Service nun noch ab 14:30 Uhr an. Nur an Freitagen und Samstagen ist die Abholung in den Morgenstunden noch möglich. In einem Statement bestätigt man die Entscheidung mit der geringen Nachfrage an den Wochentagen.

Lidl: Amazon das Wasser abgraben

Der Supermarkt Lidl hat da eine ganz andere Strategie: Statt sich auf eine fairen Wettkampf mit Amazon Fresh einzulassen, versucht man den Konkurrenten das Wasser abzugraben. Im Mai kündigte Lidl seinen Zulieferern Sanktionen an, sollten diese auch Amazon beliefern (wir berichteten). Hintergrund schien hier die Angst von Lidl zu sein, preislich von Amazon unterboten zu werden und so Kunden zu verlieren. Ob diese verzweifelt wirkende Drohung dem Supermarkt wirklich in die Karten gespielt hat, ist fraglich.

Positive Beispiele kommen aus dem Ausland

Durchaus positive Beispiele für erfolgreiche Lieferdienste neben Amazon Fresh kommen aus dem europäischen Ausland. Besonders in Großbritannien hat die Lebensmittelbranche schon länger die Bequemlichkeit ihrer Kunden entdeckt und bietet seit Jahren entsprechende Lieferservices an. Wie es auf Engadget heißt, hat neben Sainsburys und Argos nun auch Tesco das Liefergebiet für die Zustellung am selben Tag auf ganz UK ausgeweitet. Erst letzten Monat wurde die Zustellung von bis zu 20 Produkten innerhalb einer Stunde in London eingeführt. Selbst Amazon Fresh bietet diesen Service nur in ausgewählten Teilen Großbritanniens an.

Inwieweit der Lebensmittelhandel vor Amazon Fresh tatsächlich Angst haben muss, wird sich zeigen. Stationäre Händler haben es allerdings selber in der Hand, aktiv in Konkurrenz mit dem Online-Händler zu treten.

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