Staatsanwaltschaft ermittelt

Google-Fonts-Abmahnerin in Österreich gescheitert

Veröffentlicht: 06.09.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 14.09.2023
Google Fonts Schriftzug auf Smartphone

Die Abmahnwelle wegen der dynamischen Einbindung von Google Fonts war kein rein deutsches Phänomen. Auch in Österreich betätigte sich fleißig unter anderem Frau Z. In mehr als 32.000 Schreiben forderte sie Webseitenbetreiber:innen dazu auf, 100 Euro Schadenersatz plus 90 Euro Spesen an sie zu zahlen. Dabei investierte sie selbst mehr als 100.000 Euro. Ein Teil der Investition dürfte dabei an ein IT-Unternehmen gegangen sein, welches in ihrem Auftrag automatisiert nach Webseiten suchte, welche Google Fonts dynamisch einbanden. Nun ist Eva Z. in einem Musterprozess gescheitert. 

Kein nachgewiesener Schaden

Wie auch die deutschen „Betroffenen“ es taten, stützte Frau Z. ihre Schreiben auf einen Schaden, der ihr durch die Datenübertragung in die USA entstanden sei. Wie Heise.de berichtet, ging es der Klägerin um den „Kontrollverlust“ über die Ziffern ihrer IP-Adressen. Die Datenübertragung in die USA habe ihr „erhebliches Unwohlsein“ verschafft und sie „massiv genervt“. Zur technischen Seite trug sie vor, dass sie die Webseiten der entsprechenden Unternehmen geöffnet habe. Dabei sei automatisch eine Fonts-Datei von Google geladen seien. Durch diesen Download seien ihre personenbezogenen Daten, also die IP-Adresse, an den Google-Server in die USA übertragen worden.

Rein rechtlich gesehen ist dieser Umstand tatsächlich beanstandeswert: Hierzulande war es das Landgericht München (Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20) , welches festgestellte, dass die dynamische Einbindung von Google Fonts und die damit verknüpfte Datenübertragung nicht im Einklang mit der DSGVO stehen, sofern für die Übertragung keine Einwilligung durch die Betroffenen eingeholt wird.

Rechtlich nicht haltbar ist allerdings der behauptete Schaden: Dass überhaupt ein Schaden entstanden ist, konnte sie nicht beweisen. Zumal die Besuche der betroffenen Webseiten automatisiert stattfanden. So lautet das Ergebnis, dass nicht jede rechtswidrige Umgang mit personenbezogenen Daten gleich zum Schadensersatzanspruch führt. Auch das entspricht einem jüngeren Urteil aus Deutschland zu den Google Fonts Abmahnungen (LG München I, Urteil vom 30.03.2023, Az.: 4 O 13063/22). 

Datenübertragung in die USA bereits zweifelhaft

Allerdings handelt es sich bei dem misslungenen Musterprozess nicht um die erste Niederlage: Bereits vorher ließen es einige Betroffene auf eine Klage ankommen. Bereits der erste Prozess endete in der Beweisaufnahme. Frau Z. konnte hier nicht einmal belegen, dass ihre Daten tatsächlich in die USA übertragen wurden. Selbst ein Mitarbeiter ihres Mobilfunkanbieters konnte ihr nicht helfen. Naheliegender war, dass Google die Daten eben nicht stets in die USA überträgt, sondern an einen Server, der möglichst nahe am Standort der Nutzerin liegt. Die Klägerin verzichtete daher noch vor Ende der mündlichen Verhandlung auf ihre Ansprüche und musste die kompletten Verfahrenskosten alleine zahlen.  Welche Kosten in diesem speziellen Prozess auf sie zukamen, ist nicht bekannt. Alleine ihr Anwalt berechnete ihr aber für diesen Fall 900 Euro. 

Anwalt und Mandantin im Visier der Staatsanwaltschaft

Frau Z. scheint dieser ganze Aufwand jedenfalls nichts gebracht zu haben. Neben der Kosten – unter anderem auch ihre eigenen Anwaltskosten – muss sie nun mit schlimmeren Konsequenzen rechnen. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat gegen sie und ihren Anwalt Marcus Hohenecker eine Ermittlung eingeleitet. Der Vorwurf lautet gewerbsmäßige Erpressung und schwerer gewerbsmäßiger Betrug. Für den Anwalt kann das ganze sogar berufliche Konsequenzen haben: Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich plant ein Disziplinarverfahren.

Haben Sie ebenfalls eine Abmahnung bzgl. der Nutzung von Google Fonts erhalten? Der Händlerbund bietet Soforthilfe für Betroffene an: Zur Soforthilfe

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 Sandra 2023-09-07 16:59
Das klingt doch endlich mal nach Gerechtigkeit. "gewerbsmäßige Erpressung" und "schwerer gewerbsmäßiger Betrug" war das Einzige, was mir zu dieser ganzen Geschichte nur einfiel. :)
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