Zwischen Kritik und Verständnis

Kostenloser Privatverkauf bei Ebay: Händler sind gespalten

Veröffentlicht: 20.03.2024 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 20.03.2024
Ebay

„Die Investitionen in den Bereich mit Privatverkäufen haben unser Geschäft deutlich resilienter gemacht und notwendige Impulse für unser Wachstum in einem insgesamt rückläufigen E-Commerce-Markt geliefert.“ Das sagte Oliver Klinck in der vergangenen Woche, als Ebay auf ein Jahr kostenlose Privatverkäufe zurückblickte. Klinck, der sich seit wenigen Tagen um internationale Belange kümmert und auf dem Posten als Deutschlandchef von Saskia Meier-Andrae ersetzt wurde, zeigte sich insgesamt sehr zufrieden mit dem Schritt, Privatverkäufe bei Ebay kostenlos zu machen.

Die reinen Zahlen geben Ebay recht: Die Zahl privat eingestellter Artikel ist seit März 2023 um 20 Prozent gestiegen, der Marktplatz sei „lebendiger“ geworden, auch weil viele Menschen, die bei Ebay verkaufen, diese Umsätze wiederum für eigene Käufe nutzen. Und, das betont Andreas Häntsch, Senior Director Seller Engagement bei Ebay Deutschland: Das Feedback aus der Händler-Community nimmt Ebay als positiv wahr, auch wenn er einräumt, dass es sich eher um „anekdotische Geschichten“ handelt.

Kritik von den Händler:innen

Diese decken sich aber offenbar nur teilweise mit der Stimmung bei den Händler:innen, wie OHN aus entsprechenden Gesprächen und Nachrichten erfahren hat. So treffe es, sagt ein Händler, nur auf einige Kategorien zu, dass Umsätze aus dem Privathandel wieder für Käufe bei Ebay reinvestiert werden. Mehrere Händler:innen berichten zudem, dass ihre Umsätze teils massiv zurückgegangen seien, seit Privatverkäufe kostenlos sind. Eine viel geäußerte Kritik: Die Zunahme an Privatanbietern habe auch für gestiegene Konkurrenz gesorgt. Dass darüber hinaus Gebühren teilweise erhöht wurden, sorgt für zusätzliche Verstimmung.

Das größte Anliegen auf Händlerseite sind aber die sogenannten scheinprivaten Händler, deren Zahl seit März zugenommen habe. Ein Nutzer schreibt etwa in unseren Kommentaren: „Wer sehr von der Gebührenbefreiung für ‚Private‘ Verkäufer profitiert, sind (von gewerblichen Verkäufern beauftragte) Anwälte, die reihenweise scheinprivate Verkäufer abmahnen.“ Andere sprechen davon, dass „private Scheinhändler“ den Marktplatz fluten würden. Eine weitere Händlerin berichtet uns, „dass sich immer mehr Händler mit einem privaten Account anmelden, um die Gebühren zu umgehen. Ein Angebot mit über 500 gleichartigen Artikeln in mehrfacher Ausführung oder in Stückzahl > 10 kann einfach nicht privat sein!“

Ebay hat „keinerlei Interesse“ an scheinprivaten Anbietern

Auf Nachfrage betont Ebay, dass das Thema und dessen Bekämpfung hohe Priorität hat. Gegenüber OHN sagt der Marktplatz: „Ebay hat keinerlei Interesse an derartigem Verhalten, da hierdurch das Vertrauen unserer rechtmäßig handelnden gewerblichen Verkäufer:innen und unserer Käufer:innen in den eBay-Marktplatz beschädigt wird.“ Zudem betont Ebay nochmals die weggefallenen Verkaufsgebühren. Da der Marktplatz an den Transaktionen nichts verdient, ist ihm auch nicht daran gelegen, dass die Möglichkeit missbraucht wird.

Bereits seit längerer Zeit ergreife Ebay Maßnahmen, um das Problem einzudämmen. „Umfangreiche Filtermechanismen“ seien im Einsatz. Diese geschehen darüber hinaus auch aufgrund von rechtlichen Verpflichtungen als Plattformbetreiber. „Ebay arbeitet eng mit den zuständigen (Finanz-)Behörden zusammen und muss bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage die Nutzungsdaten einzelner Nutzer gegenüber diesen offenlegen. Durch das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) werden diese Verpflichtungen sogar noch weitreichender“, heißt es von Ebay.

Verständnis für Ebays Vorgehen

Neben der Kritik können viele Händler:innen den Schritt aber auch nachvollziehen. Um im Wettstreit mit aufkommender chinesischer Konkurrenz oder auch Amazon mitzuhalten, sei es für Ebay schlicht notwendig, Wege zu finden, mehr Kund:innen auf die Plattform zu lotsen. „Es ist auch eine smarte Entscheidung, nicht die typischen Pfade zu gehen, also die Werbeausgaben (und somit nur die Kosten) zu erhöhen usw., sondern auch natürliches Wachstum durch einen echten Nutzervorteil zu bieten“, heißt es in einem Kommentar.

Diese Einschätzung wird von mehreren Händler:innen geteilt. Und es fällt immer wieder ein Vorschlag, der die Gefühlslage bei vielen Händler:innen offenbar beruhigen würde: Wenn Ebay den Privatverkauf auf dem Marktplatz schon kostenlos anbietet, dann sollte das zumindest nur auf gebrauchte Ware beschränkt werden. Ob diese Idee bei Ebay verfängt, muss sich zeigen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#2 Haury 2024-03-23 12:47
Sie haben völlig Recht. Wenn ich schon lese:
„Privatverkauf keine Garantie oder Rücknahme“
und dann über 50 Teile im Angebot und hunderte Bewertungen.
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#1 Breit 2024-03-22 06:49
Na das Ebay was gegen Scheinprivate unternimmt ist wohl Wunschdenken. Es gibt schon seit Jahren keinen Button mehr solche Verkäufer zu melden. Und das Ebay solche Verkäufer an die Finanzbehörden weiterleitet, ist ja nun mal nicht auf Ebay zurückzuführen, sonden von behördlicher Seite ein Muss. Es sind ja nicht nur die Umsätze, die diese Verkäufer ohne Gebühren generieren, sie nehmen den Käufern ja somit auch ihre Rechte, die sie bei gewerblichen Verkäufern nun mal haben. Die Kosten, die damit verbunden sind Rechtstexte zu generieren, den Anschluss an ein Entsorgungsunte rnehmen und noch einiges andere, brauchen die Scheinprivaten nicht einzukalkuliere n.
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