
In letzter Zeit mehren sich die Urteile, die dem Ido-Verband den rechtsmissbräuchlichen Einsatz von Abmahnungen attestieren. Die Urteile selbst beziehen sich natürlich auf konkrete Fälle, in denen sich Online-Händler die Abmahnungen nicht gefallen lassen wollen. Was aber können Händler tun, die bereits in der Vergangenheit eine Unterlassungserklärung abgegeben haben? Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Potsdam (Urteil vom 18.05.2021 Az.: 52 O 62/20) hält eine mögliche Lösung bereit.
Kündigung und Anfechtung der Unterlassungserklärung
Wie die Internetrecht Rostock berichtet, hatte der Händler im Jahr 2019 aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung eine Unterlassungserklärung gegenüber dem Ido-Verband abgegeben. Bei einer Unterlassungserklärung handelt es sich um einen Vertrag, bei dem sich der Abgemahnte bei Androhung einer Vertragsstrafe dazu verpflichtet, ein bestimmtes Handeln künftig zu unterlassen.
Diese Unterlassungserklärung hatte der Händler nun wegen arglistiger Täuschung angefochten und wegen Rechtsmissbrauch aufgekündigt. Das Gericht sah sowohl die Täuschung als auch den Rechtsmissbrauch als gegeben an.
Arglistige Täuschung über die Aktivlegitimation
Konkret warf der Händler dem Ido-Verband eine arglistige Täuschung über das Bestehen der Aktivlegitimation, auch Abmahnbefugnis genannt, vor. In der Abmahnung hatte der Ido seine Legitimation nämlich wie üblich durch eine seitenlange Auflistung von Gerichtsurteilen, die die Aktivlegitimation bestätigt haben sollen, belegt. Damit sei bei dem Händler der Eindruck entstanden, die Abmahnlegitimation sei unproblematisch gegeben.
Im jetzigen Gerichtsverfahren hat der Ido aber nicht näher vorgetragen, inwiefern ihm zum Zeitpunkt der Abmahnung eine erhebliche Anzahl von Mitbewerbern angehörten. Die erhebliche Anzahl von Mitgliedern, die in einem Wettbewerbsverhältnis zum abgemahnten Händler stehen, ist aber gerade Grundvoraussetzung für die behauptete Aktivlegitimation.
Entsprechend ist das LG Potsdam nun davon ausgegangen, dass der Ido zum Zeitpunkt der Abmahnung keine Aktivlegitimation besaß und über diesen Umstand durch das seitenweise Auflisten von Urteilen arglisitg hinwegtäuschen wollte.
Mitgliederstruktur spricht für Rechtsmissbrauch
Außerdem erkannte das Gericht die Kündigung wegen Rechtsmissbrauch an. Als Indiz für den Rechtsmissbrauch bezog sich auch dieses Gericht auf die Mitgliederstruktur. Die Mitglieder des Idos sind in der überwältigender Mehrheit passive Mitglieder, ohne Stimmrecht. Daher zweifelt das Gericht, wie bereits das OLG Celle (Urteil vom 20.3.2020, Aktenzeichen: 13 U 73 / 19) und das LG Hannovers (Az. 26 O 64/20), an, inwiefern der Ido überhaupt die Interessen seiner Mitglieder vertritt.
Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig.
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Kommentare
Erst streiten. Die Zahlung die Ihr euch so spart deckt die Kosten ja vermutlich.
Bzw. zu allererst mal direkt an den HB wenden und die Einschätzung dort abwarten, bzw. ggfs. von der Partnerkanzler dann.
haben gerade eine Vertragsstrafen -Forderung vom IDO erhalten.
Leider gehen die Meinungen auseinander wann der richtige Zeitpunkt zum kündigen ist.
Zahlen und danach kündigen oder gleich kündigen und streiten ?
Hat hier jemand Erfahrung ?
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Antwort der Redaktion
Hallo Florian,
das klingt spannend. Wenn du möchtest, kannst du dich gern melden, wenn eine Entscheidung vorliegt. Vielleicht können noch andere profitieren, wenn wir über den Ausgang berichten.
Beste Grüße
die Redaktion
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Antwort des Händlerbundes
Hallo Stefan,
wende dich dafür gern an unsere Anwälte: haendlerbund.de/.../...
Mit besten Grüßen
der Händlerbund
Ist eine "Arglistige Täuschung" nur zivilrechtlich zu verfolgen, oder ist ein "Arglistige Täuschung" auch strafrechtlich relevant? Könnte der Händler aus Ihrem Beitrag z.B. jetzt auch eine Anzeige wegen "Arglistige Täuschung" bei der Polizei / Staatsanwaltsch aft stellen?
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Antwort der Redaktion
Hallo Markus,
eine arglistige Täuschung ist erst mal nur zivilrechtlich relevant.
Strafrechtlich müsste man schauen, ob die Voraussetzungen für einen Betrug vorliegen.
Mit besten Grüßen
die Redaktion
Nehmen wir mal an das das Urteil rechtskräftig wird:
Wer trägt die Kosten für den Rechtsstreit (insbesondere meine eigenen Rechtsanwaltsko sten) für "Kündigung und Anfechtung der Unterlassungser klärung" ?
Und auch wichtig: Wenn man in der Vergangenheit eine Unterlassungser klärung an den IDO abgegeben hat, und sich jetzt herausstellt, sie war rechtsmissbräuc hlich, kann man dann vom IDO auch die Abmahngebühr zurück verlangen?
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Antwort der Redaktion
Hallo Markus,
die Kosten hat grundsätzlich der Verlierer zu tragen. Entsprechend müsste der Ido die Gerichtskosten und die Anwaltskosten des Online-Händlers in diesem Fall übernehmen.
Inwiefern der Händler außerdem die Abmahngebühren zurück fordern kann, ist uns allerdings nicht bekannt. Wir behalten die Frage aber auf dem Schirm.
Mit besten Grüßen
die Redaktion
Kann man ja nur jedem raten direkt zu kündigen, sobald das hier durch ist.
Dann ist das Risiko der Vertragsstrafe erledigt, das ja bestehen bleibt solange der Vertrag besteht, auch wenn der von der Basis her schon nicht berechtigt war.
Ungekündigt wäre es aber dann zu spät das anzufechten bzw. gibt nur zusätzlichen Ärger.
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