Rückblick

Die 10 wichtigsten Urteile im E-Commerce 2023

Veröffentlicht: 20.12.2023 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 20.12.2023
Laptop mit Onlineshop

Bei der Reihe an Vorschriften haben es Online-Händler:innen nicht immer leicht. Ein kleiner Fehler kann bereits eine Abmahnung verursachen und in vielen Fällen muss die aktuelle Rechtsprechung im Auge behalten werden. Diese zehn Entscheidungen im E-Commerce sollten Online-Händler:innen kennen. 

1. Mitgehangen – mitgefangen: Markenrechtsverletzung auf Amazon

Das Anhängen an Amazon Angebote sorgt immer wieder für Probleme unter Online-Händler:innen. Denn frei nach dem Motto „mitgefangen, mitgehangen“ ist man als Verkäufer mitverantwortlich, wenn in dem Angebot ein Abmahngrund versteckt ist. 

Das heißt, dass Händler:innen, die sich einem Angebot bei Amazon anhängen, regelmäßig überprüfen müssen, ob die rechtlichen Vorgaben erfüllt sind. 

Das bestätigte auch das Landgericht Hamburg. Hier wurde ein Online-Händler für eine Markenrechtsverletzung belangt. Denn er hatte sich an ein Angebot anhängt, welches den Namen einer geschützten Marke enthielt. Bei der verkauften Ware handelte es sich allerdings nicht um Originalware. Die Markeninhaberin mahnte den Online-Händler ab und verklagte ihn auf Schadensersatz. Ein Versuch, gerichtlich dagegen vorzugehen, blieb erfolglos. Der Händler hatte behauptet, es handle sich um Rechtsmissbrauch, das konnte er allerdings nicht nachweisen und wurde vor Gericht zu Kasse gebeten. 

2. Amazon haftet nicht 

Während Online-Händler:innen auf Amazon für ziemlich viel haften müssen, gelingt es dem Online-Riesen selbst, den Kopf häufig aus der Schlinge zu ziehen. So auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Januar

Auf Amazon wurde eine Werbung angezeigt, die die Klägerin für wettbewerbswidrig hielt. Dagegen wollte sie gerichtlich vorgehen und verklagte Amazon. Die Gerichte waren sich zwar einig, dass die Werbung irreführend und damit auch wettbewerbswidrig sei, Amazon könne man dafür allerdings nicht haftbar machen. Das Verhalten des Unternehmens, welche die Werbung gestaltet hat, ist Amazon nicht zuzurechnen. 

3. Designer-Küche für einen Euro?

Doch nicht nur auf Amazon, sondern auch auf Ebay kann es zu rechtlichen Problemen kommen. Ebay ist bekannt dafür, dass man so manches Schnäppchen schießen kann. Eine Einbauküche für einen Euro klingt dann allerdings doch zu schön, um wahr zu sein. Das sah das Landgericht Bonn ähnlich. 

Eine Verkäuferin hatte eine Einbauküche zu einem Preis von einem Euro, plus 3,79 Euro Versandkosten, eingestellt. Eigentlich wollte sie allerdings 20.000 Euro für die Küche haben. Das schrieb sie jedoch lediglich in die Artikelbeschreibung. 

Jemand kaufte die Küche und wollte natürlich nur den einen Euro zahlen und der Fall landete vor Gericht. Das Landgericht Bonn entschied jedoch, dass der Käufer keinen Anspruch darauf hat, die Küche für einen Euro zu bekommen. Der Käufer hätte auch die Artikelbeschreibung lesen müssen, aus der hervorging, dass ein Euro nicht der wahre Preis sein soll. Allerdings wurde die Küche auch nicht für 20.000 Euro verkauft, da der Verkäufer den Vertrag aufgelöst hat. 

4. Wie müssen Streichpreise angegeben werden?

Mit der Omnibusrichtlinie, die 2022 umgesetzt wurde, wurden die Regeln zu Streichpreisen verschärft. Wer also mit einem durchgestrichenem Preis werben will, um zu zeigen, wie hoch die Rabattierung ist, muss darauf achten, dass dieser Preis auch wirklich verlangt wurde und der günstigste Preis der letzten 30 Tage ist. Das Landgericht Düsseldorf urteilte hierzu, dass keine weiteren Informationen darüber angegeben werden müssen. Auch das Oberlandesgericht Hamburg teilt diese Rechtsauffassung.  Der Kundschaft muss also nicht erläutert werden, dass es sich beim durchgestrichenen Preis um den günstigsten der letzten 30 Tage handelt. 

Lediglich, wenn es sich nicht um einen vorherigen Preis handelt, sondern um eine unverbindliche Preisempfehlung, muss dies dem Verbraucher mitgeteilt werden 

5. Die Google-Fonts-Abmahnungen waren rechtsmissbräuchlich

Kaum ein Thema hat in den letzten Jahren für so viele Abmahnungen gesorgt, wie die Benutzung von Google Fonts. Bei Nutzung von Google Fonts werden Daten in die USA weiter gegeben, was einen Datenschutzverstoß darstellen kann. Dass eine Person allerdings tausende Webseiten abmahnte, nachdem sie diese besuchte und feststellte, dass Google Fonts verwendet werden, wirkte dann doch eher nach einem Geschäftsmodell, statt ernsthafter Sorge um den Datenschutz. Das sah auch das Amtsgericht Ludwigsburg so. Bei den Abmahnungen stand nicht die Beseitigung des Datenschutzverstoßes im Vordergrund, sondern das Interesse an einer Einnahmenerzielung. Über 200.000 Abmahnungen wurden versendet. Der Abmahner gab vor Gericht an, er wolle Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen. Damit konnte er das Gericht allerdings nicht überzeugen.

6. Abmahnmissbrauch auch beim Ido-Verband?

Nicht nur bei Abmahnungen bezüglich Google Fonts kommt immer wieder der Vorwurf auf, dass es den Abmahnenden nicht um die Rechtssicherheit geht, sondern um eine Einnahmequelle. Diesen Vorwurf durfte sich unter anderem auch der Ido-Verband anhören. Obwohl der Ido-Verband mittlerweile keine Abmahnungen mehr ausspricht, weil er nicht auf der Liste der qualifizierten Wirtschaftsvereine steht, musste sich der Bundesgerichtshof in diesem Jahr noch mit ihm befassen. Der Vorwurf lautete, dass der Ido-Verband, in seiner aktiven Zeit, zu wenig Mitglieder aus der Branche hatte und somit keine Abmahnbefugnis vorliegen würde. Also keine Interessenvertretung, sondern nur Geldmacherei, so der Vorwurf. Das konnte der BGH allerdings nicht nachweisen, bei den ausgesprochenen Abmahnungen des Ido-Verbandes ging alles mit rechten Dingen zu. 

7. Rechtsdurchsetzung ohne Abmahnbefugnis

Auch das Oberlandesgericht Hamm musste sich mit einem Abmahnverein beschäftigen, der aufgrund des Anti-Abmahngesetzes keine Befugnis mehr hat, Abmahnungen auszusprechen. Hier ging es allerdings um die Rechtsdurchsetzung einer bereits ausgesprochenen Abmahnung. Zum Zeitpunkt der Abmahnung war der Verein noch abmahnbefugt, mittlerweile allerdings nicht mehr. Der Verein wollte ein angedrohtes Ordnungsgeld nun vor Gericht durchsetzen. Dieses wurde mit der Abmahnung angedroht. Allerdings besteht für den Verein kein Recht mehr darauf, das Ordnungsgeld vor Gericht einzufordern, so das OLG Hamm. Denn Sinn des Gesetzes sei es ja gerade gewesen, Verbände und Vereine und deren Abmahnmodell einzuschränken.

8. Unzulässige Bestellbuttons

Die Button-Lösung sorgt immer wieder für Abmahnungen und rechtliche Streitigkeiten. Dahinter steckt §312j Absatz 3 BGB, der vorschreibt, dass der Abschluss eines Vertrages im Online-Handel gegenüber Verbrauchern mit einer Schaltfläche „Jetzt bestellen“ oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung beschriftet sein muss. 

Das Landgericht Hildesheim musste sich in diesem Jahr mit einem Online-Shop beschäftigen, in dem die Buttons mit „Mit Kreditkarte bezahlen“ oder mit „Bezahlen mit SOFORT-Überweisung“ beschriftet waren. Bei Klick auf den jeweiligen Button wird nicht nur die Zahlung ausgewählt, sondern die Bestellung ausgelöst. Ein Zurück gibt es dann nicht mehr. Das entspricht nicht den Vorgaben des Gesetzes, so das Gericht. Eine solche Beschriftung ist unzulässig. 

Online-Händler:innen sollten also Vorsicht walten lassen. Denn neben einer Abmahnung kann es auch sein, dass der Vertrag dann nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. 

9. „EiEiEi“ – Streit um Eierlikör

Ein Streit um Werbeslogans von Eierlikör hat es bis vor das Oberlandesgericht Düsseldorf geschafft. Der Eierlikör-Hersteller Verpoorten hat gegen seinen Konkurrenten Nordik geklagt. Denn Nordik bewarb seiner Produkte mit den Worten „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“.  Es handelte sich um ein Set von fünf Flaschen Eierlikör. Verpoorten hingegen hat den Slogan „EiEiEi“. Dass sich die beiden Slogans ähneln, ist kaum von der Hand zu weisen. Allerdings sind sie nicht ähnlich genug, so das OLG. Man könne es dem Unternehmen nicht zum Vorwurf machen, im Produktnamen auf die Hauptzutat hinzuweisen.  

Beide Unternehmen dürfen ihre Produkte also weiterhin mit „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ beziehungsweise „EiEiEi“ bewerben. 

10. EuGH: Pfand gehört daneben

Überraschen dürfte es wohl kaum jemanden mehr, dass für viele Getränkeflaschen oder Dosen ein Pfandbetrag entrichtet werden muss. In der Regel wird der Pfandbetrag nicht in den Kaufpreis mit eingerechnet, sondern einzeln ausgewiesen. Doch genau das sah der Verband sozialer Wettbewerb als problematisch an und klagte gegen einen Getränkemarkt. Dieser hatte in einem Prospekt den Pfandbetrag einzeln ausgewiesen. 

Der Streit landete letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof und dieser entschied: Der Pfandbetrag muss nicht in den Verkaufspreis mit eingerechnet werden. Es reicht, wenn er neben dem Verkaufspreis ausgewiesen wird. 

Über die Autorin

Hanna Hillnhütter
Hanna Hillnhütter Expertin für: Verbraucherschutz- und Strafrecht

Hanna verschlug es 2012 für ihr Jurastudium vom Ruhrgebiet nach Leipzig. Neben dem Studium mit dem Schwerpunkt Strafrecht, spielte auch das Lesen und Schreiben eine große Rolle in ihrem Leben. Nach einem kurzen Ausflug in das Anwaltsleben, freut Hanna sich nun, ihre beiden Leidenschaften als Redakteurin verbinden zu können.

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